Die (un)berechenbare Sonne

Solarstrom ist so wechselhaft wie der Sonnenschein. Luxemburger Forscher haben nun ein Programm entwickelt, um die Produktion der Fotovoltaikanlagen vorherzusagen. Auch Städte sollen ihre Energiewende besser planen können.

Source : Luxemburger Wort
Publication date : 09/14/2016

 

Energieunternehmen haben ein Problem: Scheint die Sonne, erzeugen alle Solaranlagen massenweise Strom; regnet es, dann stockt die Produktion. Das macht den Betrieb eines Stromnetzes zur Herausforderung, weil es schwierig ist, den Solarstrom einzuplanen.

Eine Lösung für dieses Problem wurde nun am Forschungsinstitut LIST entwickelt: Das System von Daniel Koster und Frank Minette kann die Produktion der Luxemburger Solaranlagen bis zu drei Tage im Voraus berechnen. Enovos hat das Projekt über dreieinhalb Jahre mit 300 000 Euro finanziert und denkt über einen Einsatz in der Praxis nach.

„Unsere Prognosen sind detaillierter und näher an der Realität als bestehende Modelle“, erklärte Professor Lucien Hoffman, der die Umweltabteilung des LIST leitet. Das System „PV-Forecast“ kann stündliche Voraussagen Gemeinde für Gemeinde erstellen. Der Algorithmus wurde auf Grundlage von Luxemburger Daten entwickelt, aber er sei ganz einfach anderswo in Europa einsetzbar, betonte Hoffman.

Esch/Alzette als Prototyp

Im Oktober startet das LIST ein neues Projekt, das die Energiewende in Städten vereinfachen soll. Am Beispiel Esch/Alzette soll eine digitale Karte den städtischen Verantwortlichen helfen, den Energieverbrauch zu senken und die erneuerbaren Energien auszubauen.

Die Plattform „Secure“ zeigt Haus pro Haus, wo Verbesserungen bei der Energieeinsparung möglich sind und auf welchen Dächern eine Solaranlage Sinn machen würde. Weitere Städte sollen je nach Interessen nach und nach hinzukommen, erklärte Hoffman. Für dieses Projekt braucht es aufgrund der Datenmasse eine große Rechenleistung. Deshalb soll der Supercomputer zum Einsatz kommen, an dem das LIST beteiligt ist.

Allgemeinwohl und Eigennutz

Auch dieses neue Projekt fördert die Fondation Enovos mit 300 000 Euro über die nächsten drei Jahre. Die seit 2010 bestehende Stiftung hat sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben, wie Präsident Marc Solvi ausführte. Die beiden LIST-Projekte helfen bei der Energieversorgung des Landes, dienen also dem Allgemeinwohl. Die Fondation Enovos investiert jährlich etwa 200 000 Euro in die Förderung von erneuerbaren Energien über den Fonds „Novanaturstroum“.

Doch die Forschung des LIST passt auch zu den Interessen von Enovos: „Die Energiewende und die Digitalisierung sind zwei wichtige Elemente unserer Strategie“, erklärte der Generaldirektor von Enovos International, Jean Lucius.

Hunderte Millionen Euro nötig

Intelligente Stromnetze („smart grid“) und die erneuerbaren Energie sind auch ein Thema in der Rifkin-Studie, die die Regierung Mitte November vorstellt. Hunderte Millionen Euro seien nötig, um die Rifkin-Strategie umzusetzen, glaubt Jean Lucius.

Noch stelle die Einspeisung von Strom der Solar- und Windanlagen kein Problem dar, weil die Anteil noch gering seien, sagte Lucius. Doch intelligente Stromnetze seien auch wichtig, um Stromspeicher einzusetzen. Die Plattform „Secure“ könne helfen, das Potenzial von kleinen Solaranlagen auf Dächern besser einzuschätzen. Das sei wichtig, bevor man auf den Weg von Anlagen auf freiem Feld gehe, wie es gerade diskutiert wird.

Lucius glaubt an das Potenzial der Solarenergie: Die Technologie entwickele sich rasch und die Preise würden fallen.

LAURENT SCHMIT

 

Share this page: