Abschätzung des Schädlingsbefalls im Raps für 2016

Im Frühjahr wird der Winterraps durch eine Reihe von wirtschaftlich bedeutenden Schädlingen bedroht: die Stengelrüßler, den Rapsglanzkäfer und die Schotenschädlinge. Im Rahmen des Projektes SENTINELLE werden am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) bereits seit 2007 Daten zum landesweiten Auftreten der Rapsschädlinge gesammelt.

Source : De Letzeburger Bauer
Publication date : 02/26/2016

 

Dazu wird der Schädlingsdruck an fünf Standorten in Luxemburg (Mosel, Minette, westl. und östl. Gutland und Ösling) zweimal pro Woche erfaßt. Kurzfristig dienen die Daten als Grundlage eines Warndienstes für die Landwirte. Langfristig werden die Feldbeobachtungen mit meteorologischen Daten verknüpft, um so eine regionale Terminprognose für die Einwanderung der Schädlinge zu erstellen.

Auf der Basis dieser Beobachtungen ist auch eine Abschätzung der Zuflugstärke der Schädlinge möglich, die auf den Temperaturen im Winterquartier der Insekten beruht. Der Gefleckte Kohltriebrüßler überwintert geschützt in der Streuschicht am Boden der Waldränder. Die Käfer sind relativ immobil bei kalten Temperaturen. Kommt es aber zu kurzzeitigen Erwärmungen im Winterquartier durch einen allgemeinen Anstieg der Lufttemperatur, so werden die Käfer aktiv und krabbeln herum. Dabei verbrauchen sie ihre eingelagerten Fettreserven (also den Winterspeck), die sie zu diesem Zeitpunkt nicht Wieder ersetzen können, da es an Nahrung mangelt. Zusätzlich erhöht sich für die Kohltriebrüßler bei milden Wintertemperaturen auch die Gefahr, von ebenfalls aktiven Laufkäfern gefressen zu werden oder sich mit entomopathogenen Pilzen zu infizieren.

Unsere Untersuchungen zur Stärke des Auftretens des Gefleckten Kohltriebrüßlers haben gezeigt, daß in . Jahren, in denen die Temperaturen in der ersten Februarhälfte unterhalb des Gefrierpunktes lagen, gekennzeichnet waren durch ein starkes Auftreten des Schädlings im folgenden März. Dies war durch hohe Fangzahlen des Schädlings in der Gelbschale erkennbar, so daß jeweils eine Insektizidmaßnahme notwendig war. Warme Perioden von mehr als + 1°C zwischen dem 5. und 13. Februar führten hingegen in der Vergangenheit zu einem geringeren Befallsdruck im folgenden März und April in den Rapsbeständen. d.h. der Bekämpfungsrichtwert in der Gelbschale wurde nicht erreicht und eine Insektizidapplikation war nicht notwendig. Es ist gelungen, daraus ein Modell zu entwickeln, um den Befallsdruck regional abschätzen zu können. Dazu wurden die Temperaturen in der ersten Februarhälfte anhand der ASTA-Wetterstationen ausgewertet. Eine graphische Darstellung unserer Prognose für das Auftreten des Kohltriebrüßlers in 2016 findet sich in der Tabelle oben. Es zeigt sich, daß Anfang Februar landesweit die Temperaturen deutlich über dem von uns ermittelten Grenzwert von etwa +1°C lagen, insbesondere im Gutland, der Minette und an der Mosel. Interessant ist ein Vergleich des Auftretens des Kohltriebrüßlers der Jahre 2014 und 2015 und der Prognose von 2016.

In 2014 wurde der Bekämpfungsrichtwert für diesen Schädling kaum erreicht und die Darstellung (rotgelbe Einfärbung anhand der Temperaturen) ähnelt stark der aktuellen Prognose für 2016. In 2015 hingegen waren die Temperaturen kühler (blau-grün eingefärbte Karte), und kurz nach Zuflug der Schadinsekten konnten demzufolge im Mittel 15 Käfer pro Gelbschale festgestellt werden, womit der Bekämpfungsrichtwert von zehn Käfern pro Schale überschritten war. Eine Bekämpfungsmaßnahme mit Insektiziden war dann wirtschaftlich sinnvoll in 2015.

Unsere Prognose anhand der Wintertemperaturen für 2016 läßt nun darauf schließen, daß in der kommenden Saison mit weniger als zehn Käfern pro Gelbschale pro Termin zu rechnen ist, vermutlich in der Größenordnung von 6 bis 7 Kohltriebrüßlern. Damit wäre der Bekämpfungsrichtwert nicht erreicht. Es muß betont werden, daß noch weitere Faktoren einen Einfluß auf die Stärke des Auftretens haben können, z.B. die regionale Anbaudichte der Rapskultur. Diese Faktoren finden bisher keinen Eingang in unsere Prognose. Unsere Untersuchungen aus den Jahren 2007-2015 haben die Überschreitung des Bekämpfungsrichtwertes aber in 82% der Fälle allein anhand der Lufttemperatur korrekt vorhergesagt. Ferner muß man berücksichtigen, daß neben dem Gefleckten Kohltriebrüßler auch der Große Rapsstengelrüßler im gleichen Zeitraum zuwandert und mit der Gelbschale erfaßt wird. Aufgrund seiner Biologie ist er (noch) nicht in der Stärke seines Auftretens vorhersagbar. Grundsätzlich sollten beide Schädinge berücksichtigt werden, wenn eine Insektizidmaßnahme abgewägt wird.

Die Landwirte sollten auf jeden Fall in diesem Frühjahr die Gelbschalen in den Rapsbeständen aufstellen und dann schlagspezifisch den Zeitpunkt der Zuwanderung der Stengelschädlinge prüfen. Nur bei Überschreiten des Bekämpfungsrichtwertes ist eine Insektizidbehandlung vertretbar im Sinne eines Integrierten Pflanzenschutzes.

SENTINELLE wird finanziert durch die ASTA und wird in Kooperation mit dem LTAE, der LWK und der landwirtschaftlichen Praxis durchgeführt.

Die wissenschaftlichen Hintergründe der Prognose finden Sie auf Englisch unter onlinelibrary.wiley.com/enhanced/doi/10.1111/afe.12082/, im Anhang des Projektberichtes 'Sentielle' aus dem Jahr 2015 bzw. als deutsche Zusammenfassung in der RAPS, Heft 4/2014, Seite 6.

Dr. Michael Eickermann (LIST) Dr. Marco Beyer (LIST)

 

Share this page: