Covid-Belastung im Abwasser ist höher als jemals zuvor

Die Wissenschaftler von Coronastep melden Rekordwerte. Dr. Thérèse Staub erklärt, warum die Belastung für das Gesundheitssystem dennoch moderat bleibt

Source : Luxemburger Wort
Publication date : 12/21/2023

 

Covid ist wieder da. „Noch nie war die Viruslast in den Abwässern des Landes so hoch wie in der Woche zwischen dem 11. und 17. Dezember“, sagt Leslie Ogorzaly, Forscherin beim Abwassermonitoring Coronastep vom Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST). Dies mag auf den ersten Blick verwundern, doch Covid war eigentlich nie ganz weg.

Die Virusbelastung in den Abwässern pendelte sich bis dato im laufenden Jahr auf einem niedrigen Niveau ein. Mitte Mai gab es einen Tiefpunkt, der bis Mitte September anhielt. Seither nahm die Coronawelle in der Kanalisation des Landes an Fahrt auf. Bereits seit längerer Zeit beobachten die Forscher des List eine Zunahme. „In den vergangenen zwei Wochen hat sich die Situation beschleunigt“, so Ogorzaly.

WHO bescheinigt BA.2.86-Variante nur geringes Risiko

Beim Betrachten der Daten fühlen sich die List Forscher an die erste Corona-Welle im Herbst 2020 und die erste Omikron-Welle im Herbst/Winter 2021 erinnert. „Auch damals gab es einen ähnlich schnellen und starken Anstieg der Viren im Abwasser“, betont die Wissenschaftlerin.

Allerdings gebe es einen wichtigen Unterschied zu damals: Die Zahl der schweren Fälle sei nicht in gleichem Maße gestiegen. „Zurzeit liegen vier Patienten mit Covid auf unserer Station“, sagt Dr. Thérèse Staub, Infektiologin am Service des maladies infectieuses des CHL. Das sind mehr als vor einem Monat, aber kein Vergleich zum Höhepunkt der Pandemie. „Bei den Patienten handelt es sich ausschließlich um ältere Personen, die sich im Herbst nicht mit dem angepassten Impfstoff haben impfen lassen“, fügt sie hinzu. Den meisten gehe es schon wieder besser.

Das Virus, das sich derzeit in Luxemburg ausbreitet und für knapp die Hälfte der Infektionen verantwortlich ist, ist die BA.2.86-Variante. „Das von der Variante BA.2.86 ausgehende Risiko für die öffentliche Gesundheit wird derzeit als gering eingestuft“, schreibt die Weltgesundheitsorganisation in einer Mitteilung.

Auch im Großherzogtum führt das Auftreten dieser Variante wahrscheinlich nicht zu einer zusätzlichen Belastung für das Gesundheitssystem. Luxemburg hat die Herdenimmunität bereits seit längerem erreicht. Das lässt sich auch an den Opferzahlen festmachen. „Seit Januar dieses Jahres ist auf unserer Station keine Person an Covid gestorben“, sagt Thérèse Staub.

Das Monitoring der Abwässer ist eines der wenigen Relikte, die aus der Covidzeit überlebten. Die offizielle Statistik geht aktuell von lediglich 658 positiven Fälle aus. Dabei fließen nur positive PCR-Tests in die Berechnung ein, positive Schnelltests hingegen nicht. „Wenn bei einem positiven Selbsttest die Diagnose durch einen PCR-Test bestätigt werden soll, wenden Sie sich bitte für die Verordnung an Ihren Hausarzt“, empfiehlt die Santé auf ihrer Internetseite. Jedoch nur die wenigsten Patienten folgen diesem Rat.

Diese Änderung in der Test-Strategie sei dann auch der Grund, weshalb am Abwassermonitoring festgehalten wird. „Die Entwicklung in den Abwässern wurde dadurch nicht beeinflusst und bleibt somit ein zuverlässiger Indikator“, erklärt die Forscherin. Die Dunkelziffer liegt wohl deutlich über jener, von der Santé gemeldeten Zahl. Zur Erinnerung: Während des Höhepunktes der Omikronwelle, war die Abwasserbelastung ähnlich hoch, damals lag die Zahl der positiven PCR-Tests deutlich über der aktuellen. „In der Woche vom 17. bis zum 23. Januar 202 ist die Zahl der Personen, die positiv auf COVID-19 getestet wurden, von 11.734 auf 15.293 Fälle gestiegen“, so der damalige Wochenbericht.

Das Monitoring der Abwässer soll in Zukunft allerdings verstärkt genutzt werden. „Seit mehreren Monaten überwachen wir, im Rahmen einer Pilotstudie, auch die Belastung mit Grippeviren“, sagt Leslie Ogorzaly. Die Resultate dieser Erhebung würden der Bevölkerung jedoch nicht mitgeteilt, sie dienen nur der Wissenschaft und den Behörden.

Weihnachtszeit und steigende Infektionen

Denn auch dieses Virus kann Atemwegserkrankungen auslösen und breitet sich schon langsam aus. Laut aktuellem Wochenbericht der Atemwegserkrankungen hat sich die Zahl der gemeldeten Grippe-Fälle innerhalb einer Woche um 163 Prozent auf 134 Fälle erhöht. Laut Revilux, Überwachungsnetzwerk für Atemwegserkrankungen, war die Grippe für jede zehnte Atemwegserkrankung verantwortlich, das Covid-Virus für jede Fünfte. Entwarnung gibt die Forscherin aber weiterhin nicht: „An den Jahresendfeiern kommen in der Regel viele Familien und Freunde zusammen, was die Übertragung des Virus erleichtern könnte“, sagt sie. Es bestehe also ein Risiko, dass die Belastung in den Abwässern noch weiter steigen könnte. „Um dieses zu begrenzen, ist es wichtig, bei den Barrieregesten nicht nachzulassen“, sagt Ogorzaly.

„Es ist nicht zu spät, sich gegen Covid impfen zu lassen“, sagt unterdessen Dr. Staub und wiederholt die Maßnahmen, deren Wirksamkeit sich bereits erwiesen hat: „Wer sich krank fühlt, sollte eine Maske tragen, vor allem wenn er die Oma besucht. Das Händewaschen sollte man auch nicht vergessen.“ Das Gleiche gelte am Arbeitsplatz. „Auch unter dem Personal des CHL gab es positive Fälle“, so Staub. Falls die Symptome es erlauben, treten die Mitarbeiter zum Dienst an. „Mit Maske“, fügt die Ärztin bei.

JEAN-PHILIPPE SCHMIT

 

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