Die Fedil schärft ihr Profil

Der Direktor des luxemburgischen Industrieverbandes Fedil ist seit rund einhundert Tagen im Amt. Im Januar hatte er die Nachfolge von Nicolas Soisson angetreten, der nach 20 Jahren an der Spitze in den Ruhestand ging. Wir sprachen mit René Winkin über seine persönlichen Ambitionen, die Entwicklung der Fedil und die Herausforderungen der Industrie.

Source : Luxemburger Wort
Publication date : 04/12/2016

 

Herr Winkin, Sie sind schon fast 25 Jahre bei der Fedil, davon zehn als Generalsekretär. Welche persönlichen Akzente möchten Sie nun als Direktor setzen? Was haben Sie sich vorgenommen?

Mein Ziel als Direktor ist es, ein Maximum mit unseren Mitarbeitern zu erreichen, indem wir uns so organisieren, dass unsere internen Kompetenzen optimal zur Geltung kommen. Wir sind da gut aufgestellt und können zusätzlich auf die Expertise unserer Mitgliedsbetriebe zurückgreifen. Ich habe mir auch vorgenommen, einen wirklich konstruktiven Dialog mit Politik und Regierung zu führen. Was sich künftig bei uns ändern soll ist das Profil der Fedil. Es soll über bestimmte Themenfelder geschärft werden. Als Kernbereiche sehe ich dabei Innovation, Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft, Energiewende und Ingenieurnachwuchs. Über die UEL werden wir uns natürlich auch noch zu anderen Themen einbringen.

Was genau versteht man bei der Fedil eigentlich heute unter Industrie? Der Begriff steckt noch in der Abkürzung für „Fédération des industriels luxembourgeois“, der Verband nennt sich aber seit 2008 „Fedil – Business Federation Luxembourg“ und hat aktuell über 600 Mitglieder.

Fedil ist heute ein Eigenname, keine Abkürzung. Das I steht wohl noch für Industrie, aber im viel weiteren Sinne, also dafür, dass mit Ideen etwas vorangebracht wird, neue Produkte oder auch Dienstleistungen erzeugt werden. Das I steht demnach auch für Begriffe wie Innovation, Ingeniosität oder International.

Welche Rolle spielt die Industrie heute in der luxemburgischen Wirtschaft? Wie ist der Anteil am Wirtschaftswachstum und an der Beschäftigung?

Es gibt einen relativen Rückgang im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft, aber keinen absoluten Rückgang der herstellenden Industrie. Man muss dabei berücksichtigen, dass vieles was eigentlich zur Industrie gehört, wie die spezifische Forschung und Entwicklung, in Statistiken oft unter Dienstleistung geführt wird. Hinzu kommt noch, dass manche Leistungen von Industriebetrieben inzwischen von Spezialisten übernommen werden und dann auch unter Dienstleistung laufen. Die Grenzen zwischen herstellender Industrie und etlichen Dienstleistungen werden zusehends verschwommener.

Was muss auf jeden Fall passieren, damit die luxemburgische Industrie sich auch morgen noch gegenüber dem Ausland behaupten kann?

Eine entscheidende Rolle spielt sicher die Innovation. Dabei kommt es darauf an, dass multinationale Akteure neue Technologien nach Luxemburg bringen. Gleichzeitig schafft die Regierung wichtige Rahmenstrukturen wie z. B. den Aufbau wichtiger Basistechnologien in den öffentlichen Forschungszentren oder den Automotive Campus, der in Roost entstehen soll. Bei solchen Strukturen ist es wichtig, dass sowohl kleine als auch große ansässige Betriebe profitieren. Ein zweiter Punkt sind unsere Energiekosten. Man muss dafür sorgen, dass die Unternehmen in Europa und speziell in Luxemburg diesbezüglich keine Standortnachteile haben, gleichzeitig sind die Unternehmen aber auch gefordert, sich aktiv um mehr Effizienz und den Einsatz erneuerbarerer Energien zu bemühen. Ein dritter Punkt betrifft den Fachkräftemangel, der auf Dauer nicht mit Grenzgängern ausgeglichen werden kann. Luxemburg muss sich deshalb offen zeigen für neue Leute aus dem Ausland – Stichwort Immigration. Gleichzeitig gilt es, junge Leute in Luxemburg schon zu Beginn der Sekundarstufe entsprechend zu orientieren. Dabei sind auch die Betriebe wieder gefragt, d. h. sich z. B. während Schülerpraktika wirklich um die Jugend zu bemühen.

Der neue Fedil-Präsident Nicolas Buck sprach kürzlich bei seinem Amtsantritt, von der digitalen Transformation der verarbeitenden Industrie, also dass sich Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse intelligent vernetzen. Wie soll dies vorangetrieben werden?

Zusammen mit dem Wirtschaftsministerium, der Handelskammer, der Agentur Luxinnovation, dem List-Institut und der Universität Luxemburg hat die Fedil eine Plattform initiiert, um die Digitalisierung dieser Betriebe voranzutreiben. Dabei geht es darum, die Unternehmen zu sensibilisieren, ihnen wichtige Informationen zu Verfügung zustellen – nicht zuletzt zum Thema Datensicherheit, es geht darum ihren Weiterbildungsbedarf zu ermitteln und ihnen die Möglichkeit zu bieten, andere Firmen zu besuchen, die bereits in der Digitalisierung vorangeschritten sind. Wir möchten auch erarbeiten, in welchen Betrieben in Luxemburg die digitale Transformation prioritär ist, und die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Digitalisierung studieren sowie Anpassungsvorschläge machen.

Wie beurteilen Sie die seinerzeit im Regierungsprogramm der Dreierkoalition angekündigte ambitionierte Industriepolitik? Was wurde erreicht? Wo gibt es Verbesserungsbedarf?

Im Bereich Innovation wurden gute Akzente bei der öffentlichen Forschung gesetzt. Nun gilt es sicherzustellen, dass der Privatsektor auch davon profitiert. Was verfügbare Gewerbeflächen für die Neuansiedlung und Verlagerung von Unternehmen anbelangt, sollte die Regierung proaktiver vorgehen. Im Steuerbereich ist Luxemburg aus Sicht der Industrie nicht unattraktiv, auch wenn die wichtige Frage der Neuausrichtung zwischen Steuersatz und der Bemessungsgrundlage noch nicht geklärt ist. Ganz wichtig für die Zukunft ist es, die bestehenden Instrumente für die Investitionsförderung zu erhalten und möglichst noch auszubauen. Im Energiebereich benötigen wir das Level-Playing-Field. Luxemburg muss auch weiterhin für herstellende Industriebetriebe als Standort interessant bleiben.

Herr Winkin, noch eine Frage zu Ihrer Funktion als Direktor. Die Amtsvorgänger Lucien Jung und Nicolas Soisson waren sehr lange in dieser Position. Bei Herrn Soisson waren es fast genau zwanzig Jahre. Wie lange haben Sie vor Direktor zu sein?

Weniger lange, denke ich [lacht]. Vielleicht kann ein Wechsel irgendwann sinnvoll sein, oder es gibt vielleicht auch private Gründe. Damit beschäftige ich mich aber jetzt nicht wirklich. Nageln Sie mich bitte nicht darauf fest. Ich bin ja auch erst drei Monate im Amt.

ANDREAS ADAM

 

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