Die Universität ist dabei, sich Belval anzueignen. Einen neuen Schub erhofft sich auch die Planungsgesellschaft Agora, deren Aufgabe es ist, die frühere Industriebrache zu revitalisieren. „Das Kind Belval ist geboren, doch nun muss es reifen“, so dessen Direktor Vincent Delwiche.
Source : Luxemburger Wort
Publication date : 09/21/2015
„Ein Risikofaktor weniger“, so nennt Robert Kocian, Marketingdirektor von Agora, etwas schlicht die Ankunft der Universität in Belval aus Sicht von potenziellen Investoren. „Am Montag sind wir von 6 000 Personen, die sich tagsüber in Belval befinden, auf 9 000 gestiegen“, betont er weiter.
„Als wir früher auf spezialisierten Messen den Standort Belval potenziellen Investoren schmackhaft machen wollten, konnten wir immer nur sagen: Die Uni kommt. Jetzt können wir sagen: Sie ist da!“, ergänzt Vincent Delwiche, Direktor von Agora.
Fügt aber im selben Atemzug hinzu, dass der Fokus in Belval nicht alleine auf die Universität gerichtet sei, sondern auch auf alle Forschungseinrichtungen, die sich dort niedergelassen haben. Dank List und Liser usw. sollen Start-ups und Unternehmen angezogen werden.
Im Bereich der Biomedizin sei dies bereits spürbar. So ist das „Luxembourg centre for systems biomedicine“, seit 2011 in Belval implantiert, nicht unschuldig daran, dass Ketterthill 2015 seinen Sitz in einem nagelneuen Gebäude im Univiertel verlegt hat.
Weiter erklärt Vincent Delwiche, dass auch bereits vor dem Unistart Erfolge verbucht werden konnten. Besonders stolz ist er darauf, dass drei Gebäude von Pensionsfonds übernommen wurden. „Diese arbeiten auf lange Sicht, das ist für uns der beste Beweis, das sie an Belval glauben“. Unter diesen Gebäuden befindet sich die Adem-Zweigstelle, die von einem privaten Promotor errichtet wurde, um dann an den Staat vermietet zu werden, ehe sie weiterverkauft wurde.
Auch die Krise bekam man zu spüren. Dauerte es im Zeitraum von 2007 bis 2008 zwischen sechs Monaten und einem Jahr, um aus Verhandlungen einen Kontrakt zu machen, so muss mittlerweile bis zu zwei Jahre dafür gerechnet werden.
„Investoren, die ein Gebäude errichten, wollen sicher sein, dass sie die Wohn- und Büroflächen wieder los werden“, so Robert Kocian, weshalb immer mehr vorverkauft werde. Was aber die Zeit bis zum Projektbeginn weiter hinauszögere.
Noch sei es zu früh, um feststellen zu können, ob mit der Universität nun schneller investiert werde. Doch fest stehe, dass seit etwa anderthalb Jahren das Interesse an Bürofläche steigt. „Dies deckt sich in etwa mit der Zeit, seitdem die Universität mehr und mehr über ihren Umzug kommuniziert hat“, so Delwiche. War früher Belval eine Möglichkeit unter anderen gewesen, so rücke man nun stärker in den Fokus.
Kurz, die Dynamik hat in Belval nicht auf den Unistart gewartet. Doch dieser könnte sie neu beflügeln.
Drei Fragen an Vera Spautz, Bürgermeisterin der Stadt Esch, freut sich sichtlich über die Ankunft der Universität. Die Stadt habe dadurch um einiges an Attraktivität gewonnen. Ist Esch bereit für die Uni? In den letzten Jahren gab es in Esch viele Überlegungen zum Thema Vorbereitung auf die Uni. Im Zentrum dieser Überlegungen stehen erstmals Wohnraum, für Studenten aber auch für die Angestellten der Uni, und Mobilität. Die Uni hat einige Gebäude auf dem Escher Territorium, aber auch die Stadt selber hat einige Häuser gekauft, die sie derzeit in Studentenwohnungen umwandelt. Was die Mobilität angeht, gibt es seit dem 14. September Veränderungen der Linien des TICE. (...) Darüber hinaus spielen aber auch das Einkaufsangebot und Freizeitaktivitäten, sei es Kultur oder Sport, eine große Rolle. In der Rue de l’Alzette hat sich seit letztem Jahr viel getan und einige neue Geschäfte haben sich angesiedelt. Ebenso im Einkaufszentrum Belval Plaza. (...) Ich denke deshalb, dass wir den Studenten und Mitarbeitern der Uni einiges bieten können und somit auch bereit sind. Natürlich kann man nicht alles planen und vorhersehen und so wird sich einiges erst im Nachhinein ergeben. Was bedeutet der Universitätsstandort Belval für Esch? Der Universitätsstandort bedeutet einen enormen Wechsel für die Stadt Esch. Er bringt zusätzliche Kaufkraft und wir erwarten und hoffen, dass unsere Geschäftswelt davon profitieren kann. Da der Umzug des Rektorats und der ersten Fakultät nach Esch jetzt vollzogen ist, gibt dies unserer Stadt mehr Gewicht und sie kann sich anders positionieren, sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene. Für ausländische Investoren war in der Vergangenheit möglicherweise die Hauptstadt die einzig logische Wahl. Als Universitäts- und Forschungsstandort, hat Esch um einiges an Attraktivität gewonnen. Die Uni ist der jüngste Ankömmling aber auch das List, Luxinnovation, Enovos und das Haus der Großregion sind dieses Jahr hierher gezogen. Diese Entwicklung ist sehr spannend und man fühlt auch im Zentrum, dass sich etwas verändert. Unsere Stadt ist seit jeher sehr international und man hörte viel französisch, portugiesisch und italienisch in unseren Straßen. Seit einigen Monaten hört man allerdings auch, dass zunehmend Englisch oder Deutsch gesprochen wird. Wie kann verhindert werden, dass Esch/Alzette und Belval sich nebeneinander entwickeln? Die Schlüsselworte sind sicherlich Kommunikation und Vernetzung. Man muss die Bevölkerung über das Geschehen auf dem Campus informieren und das Interesse der Nutzer des Campus an der Stadt insgesamt wecken. Wir nehmen deshalb immer gerne mit Informationsstände an Veranstaltungen der Uni teil. Auch wurde eine Broschüre, „Welcome to Esch“, speziell für die Studenten und Mitarbeiter der Uni entwickelt, um ihnen auf einem Blick zu vermitteln, was sie bei uns alles unternehmen können. (...) Sehr hilfreich ist auch das Bemühen der Uni, ihre Mitarbeiter mit ihrem neuen Umfeld vertraut zu machen, sowie die Rahmenprogramme die Studentenverbindungen zum Semesterbeginn auf dem Campus und im Stadtzentrum anbieten. Aber auch Mobilität und Wohnen spielen bei der Kohäsionsfrage eine große Rolle. Die Anbindungen müssen gewährleistet sein und es ist sehr wichtig, dass es Studentenwohnheime auf Escher Gebiet gibt. |
Nicolas Anen und Luc Ewen