Forschung im heimischen Agrarwesen

Landwirtschaftsministerium stellt Projekte vor/ Hoher Stellenwert für Innovation

Source : De Letzeburger Bauer
Publication date : 02/17/2023

 

Zur Bewältigung künftiger Herausforderungen sind die Landwirte sowie die Lebensmittelindustrie auf neues Wissen angewiesen, das sie in der Praxis anwenden können. Durch die Förderung von Innovation und Forschung kann die Wettbewerbsfähigkeit unter immer herausfordernder werdenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erhöht und gleichzeitig die nachhaltige Nutzung von Ressourcen und Ökosystemleistungen sicherstellt werden. Aktuell werden elf Forschungsprojekte, sechs Demonstrationsprojekte sowie Sorten versuche für die biologische und konventionelle Landwirtschaft gefördert. 

Das Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung investiert jedes Jahr plusminus drei Millionen Euro in Innovation und Forschung. Die Projekte dauern zwischen einem und fünf Jahren. 

Bereich Pflanzenproduktion 

Digitale Pilotbetriebe: Um Herbizide genau in den Quantitäten dort einzusetzen, wo sie zu dem Zeitpunkt gebraucht werden, bedarf es eines genauen Managements. Indem das bestmöglich passende Herbizid zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort eingesetzt wird, können insgesamt weniger Herbizide eingesetzt werden. Deshalb arbeiten die Landwirtschaftskammer und das LIST an einem System, welches es dem Landwirt erlaubt, den Herbizideinsatz zu planen. Das Ziel ist es, ein Netz von Pilotbetrieben für die Demonstration, Bewertung und Umsetzung innovativer Techniken und Entscheidungshilfen im Bereich von Herbiziden aufzubauen und Empfehlungen, die daraus resultieren, in einer App bzw. digitalen Nutzungsoberfläche interessierten Nutzern zur Verfügung zu stellen. Ein erster Prototyp der Anwendung ist bereits verfügbar (https://swem.list.lu/). Dieser wird im Laufe des Projektes noch angepasst und verbessert. 

ANGEL: Das Glyphosatverbot konfrontiert die Landwirtschaft mit der Notwendigkeit von Alternativen. Im Projekt ANGEL haben die luxemburgische Landwirtschaftskammer und das Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) zusammengearbeitet, um chemische und mechanische Alternativen zum Unkrautvernichter Glyphosat zu testen und ihre Wirksamkeit zu evaluieren. Die alternativen Methoden sollten eine wirksame Bekämpfung problematischer Unkräuter gewährleisten und keine negativen Auswirkungen auf die Ertragssicherheit oder das Qualitätsniveau der Kultur haben. Außerdem wurde untersucht, welchen Einfluss der Verzicht auf Glyphosat auf die landwirtschaftlichen Praktiken hat. Die Resultate deuten darauf hin, dass verschiedene mechanische Bearbeitungstechniken genau so effektiv (oder sogar effektiver) sein können wie Glyphosat. Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede. 

Bereich tierische Produktion 

Mei Weed: Kühe, die auf der grünen Weide grasen, das wünscht sich jeder; allerdings erfordert dies ein gutes Weidemanagement. Die Fördergemeinschaft Integrierte Landbewirtschaftung Luxemburg (FILL) entwickelt zusammen mit der Universität für angewandte Wissenschaften Bern, der Ackerbauschule (LTA) sowie weiteren nationalen Partnern (IBLA, CONVIS, SER) Instrumente für effiziente Weidesysteme im Hinblick auf eine effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie unter Einbeziehung der Faktoren Arbeitsbelastung und Produktionskosten. Gleichzeitig werden die Umweltanforderungen, der Tierschutz und die gesellschaftlichen Erwartungen berücksichtigt. Im Rahmen des Projektes wird ein Graswachstumsmodell für Luxemburg entwickelt, das auf wöchentlichen Graswachstumsmessungen auf fünf Pilotbetrieben basiert und von verschiedenen Boden- und Klimaparametern abhängt. Dank der gewonnenen Ergebnisse können Instrumente für ein effizientes und praxisorientiertes Weidemanagement entwickelt werden. Die vorgeschlagenen Hilfsmittel sind allen Viehhaltern direkt zugänglich und werden in der landwirtschaftlichen Beratung eingesetzt. 

ITF-MILK: Der Milchsektor wird immer wieder mit dem Problem der „Geschmacks- und Aromafehler der Milch" in der Milchviehhaltung konfrontiert. Dies hat erhebliche wirtschaftliche Folgen für den Sektor. Dieses Projekt sieht eine eingehende Analyse der bestehenden Situation in Luxemburg vor und konzentriert sich auf die Entwicklung eines Biomarkers, mit dem die Ursachen des „Milchgeschmacksfehlers" ermittelt werden können. ITF-Milk ist ein Forschungsprojekt der Europäischen Innovationspartnerschaft, welches von der Tierzuchtgenossenschaft CONVIS koordiniert wird und an dem die Forschungsinstitute CRAW-Gembloux und LIST beteiligt sind. 

VSH-LU: Das Projekt HSV-LU zielte darauf ab, Bienen vor der Varroamilbe zu schützen. Imker, Imkerberater, Züchtergruppen und ,die Federation des Unions d'Apiculteurs du Crand-Duche de Luxembourg (FUAL) arbeiteten deshalb zusammen, um Genotypen von Bienen (Apis melliferra) auszuwählen, die gegen die Varroamilbe resistent sind und so eine nachhaltige Bienenzucht in Luxemburg zu gewährleisten. Hier konnten erste Erfolge verzeichnet und resistente Züchtungen aufgebaut werden. 

Forschungsprojekte im Weinbau 

Bio-VIM: Das LIST-Projekt Bio-VIM überwacht die bedeutendsten Schaderreger im Weinbau durch klassische visuelle Bewertungen und innovative Fernerkundungsansätze. Krankheitsausbrüche und ihre Entwicklung werden identifiziert und dienen als Voraussetzung für die örtlich begrenzte Anwendung von dosismodulierten Pestiziden. Die Ergebnisse des Projekts sollen den Weg für Präzisionstechniken im Weinbau ebnen, bei denen Epidemien in einem frühen Entwicklungsstadium und nur in dem Gebiet behandelt werden, in dem sie sich etabliert haben. Das Projekt trägt zur Verringerung des Pestizideinsatzes im integrierten Weinbau sowie zur Bewertung von Risiken durch Schaderreger im ökologischen Weinbau bei. 

MonESCA: Drohnen bieten neue Perspektiven im Weinbau. Im Projekt MonESCA, welches vom LIST, dem IBLA sowieder Firma Luxsense durchgeführt wird, geht es darum, eine umfassende Bestandsaufnahme des ESCA-Pilzkomplexes in luxemburgischen Weinbergen zu gewährleisten. Dabei werden neue Nachverfolgungsmethoden aufgrund von Fernerkundungsanalysen mit hoher räumlicher Auflösung entwickelt. MonESCA zielt darauf ab, eine halbautomatische jährliche Überwachung der Symptome, die durch ESCA verursacht werden, durchzuführen. Basierend auf den Erfahrungen der Winzer mit ESCA werden verschiedene Bewirtschaftungsstrategien in den Versuchsweinbergen des Weinbauinstituts umgesetzt und überwacht. 

Bewertung der AUM "Extensivterung von Grünland": Die Erhaltung der Biotope Luxemburgs ist ein wichtiges Thema im heutigen Agrarsektor. Landwirte können verschiedene Verpflichtungen zur Extensivierung ihrer Grünlandbewirtschaftung eingehen, wie zum Beispiel die Verringerung der Stickstoffdüngung oder andere Praktiken. Das Projekt hat z.B. zum Ziel, die Biodiversität der Lebensräume zu erhalten, um eine Beratung in Punkto Futtermittelsysteme der Viehzuchtbetriebe anbieten zu können. Da die Charakteristiken, welche in diesem Projekt gemessen werden, langfristiger Natur sind, muss die Gesamtdauer des Projektes abgewartet werden, um Resultate zu evaluieren. 

Die hier vorgestellten Projekte sind nur einige der Innovations- und Forschungsprojekte. Die Implementierung der Forschungsergebnisse wird durch Demonstrationsprojekte und Sortenversuche sowie weiteren Aktionen, die dem Wissenstransfer dienen, gewährleistet. Über den Bioaktionsplan PAN Bio 2025 wird zum Beispiel ein Netzwerk von Pilotbetrieben gefördert, in dem die neuen Erkenntnisse getestet und betriebliche Optimierungsansätze anderen Landwirten vorgestellt werden können. Es gibt seit diesem Jahr auf speziell auf das PAN Bio 2025 angepasste Projektaufrufe für Innovations- und Forschungsprojekte, aber auch für Anbau- und Demoversuche. 

Projektaufrufe an Wissenschaftler 

Nach einer ersten erfolgreichen Ausschreibung im Jahr 2021 haben das Ministerium für Landwirtschaft und der Fonds National de la Recherche (FNR) im Sommer 2022 einen zweiten Projektaufruf an Wissenschaftler ausgeschrieben. 

Der Projektaufruf verfolgt das Ziel, eine nachhaltige und resiliente Landwirtschaft sowie zukunftsfähige Ernährungssysteme zu schaffen und fokussierte sich auf drei thematische Schwerpunkte: 

• die Anpassung der luxemburgischen Landwirtschaft an den Klimawandel, 

• die Anpassung lokaler landwirtschaftlicher Praktiken zur Abmilderung der Auswirkungen auf die Wasserressourcen und 

• die Anpassung lokaler landwirtschaftlicher Praktiken, um die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen in Agrarökosystemen abzuschwächen. 

Im Oktober 2022 erfolgte der Start beim Projekt ADAPT, nachdem es aufgrund eines ersten gemeinsamen Projektaufrufes zur Förderung angenommen wurde. Das Projekt ADAPT zielt darauf ab, Landwirte durch ein intelligentes Anbaumanagement zu unterstützen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und den Bodenkohlenstoff zu schützen. Des Weiteren wird die Resilienz der Bewirtschaftung unter Klimawandelbedingungen modelliert und simuliert. Dafür werden experimentelle Felder mit Landwirten zusammen bewirtschaftet und die Daten werden von dem wissenschaftlichen Team analysiert und zusammen mit der Landwirtschaftskammer für die Landwirtschaft aufbereitet. Projektleiterin ist die LIST-Wissenschaftlerin Kate Buckeridge. 

Förderung solcher Projekte 

Sowohl das aktuelle wie auch das zukünftige neue Agrargesetz sehen Finanzierungsinstrumente vor, um Innovation finanziell zu unterstützen: 

• die Europäische Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP) (Artikel 40), 

• eine allgemeine Forschungs-Beihilferegelung (Artikel 43), 

• die Anbau- und Sortenversuche (Artikel 38) 

Das Gesetz vom 27. Juni 2016 über die Förderung der nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums sieht in den Artikeln 40 bis 43 Finanzhilfen für Forschungs- und Wissensverbreitungseinrich tungen vor, um Innovations- und Forschungsprojekte im Agrar- oder Weinsektor zu unterstützen. Die Beihilferegelung zielt auf die Durchführung von Projekten der angewandten Forschung ab, mit denen eine oder mehrere Lösungen für ein bestimmtes Problem oder eine bestimmte Herausforderung in diesem Bereich entwickelt werden sollen. Die aus diesen Forschungstätigkeiten resultierenden Erkenntnisse werden im Rahmen der Projekte in dem betreffenden Sektor verbreitet und es wird dabei ein spezielles Augenmerk auf die Wissensvermittlung der Forschungsergebnisse im landwirtschaftlichen Sektor gelegt. 

Die EIP-Projekte hingegen sind Projekte, bei welchen sich Landwirte mit einer bestimmten Frage bzw. einem bestimmten Problem an die Wissenschaft wenden und diese zusammen zu dem Thema forschen, nach konkreten Lösungen suchen und an der Umsetzung der Projekte in der Praxis beteiligt sind. 

In der neuen GAP-Periode (2023-2027) wird der Forschung und Innovation ein sehr hoher Stellenwert zugeschrieben und somit werden Forschung und Innovation zukünftig einen noch wichtigeren Beitrag zu einer modernen Landwirtschaft leisten. 

(C.) 

 

Share this page: