Livista Energy baut Lithium-Raffinerien in Europa

Das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg plant ein Werk in Emden. Ein Forschungszentrum soll nach Belval kommen

Source : Luxemburger Wort
Publication date : 10/03/2023

 

Ob die Energiewende gelingt, hängt im Wesentlichen auch davon ab, ob die notwendigen Rohstoffe in genügender Menge zur Verfügung stehen. Ein Schlüsselmaterial ist hier das Metall Lithium, das zur Herstellung von Batterien benötigt wird. Derzeit hängt der weltweite Markt stark von China ab. 90 Prozent des Angebots von Lithium, das in Batterien zum Einsatz kommen kann, wird in dem asiatischen Land raffiniert.

Ändern möchte dies das Luxemburger Start-up Livista Energy. Derzeit plant das Unternehmen eine Raffinerie für Lithium im norddeutschen Emden, die spätestens Anfang 2027 den Betrieb aufnehmen soll. „In Europa werden riesige Kapazitäten zur Herstellung von Batterien aufgebaut. Aber es gibt noch keine Raffinerien für Lithium; der Großteil stammt derzeit noch aus Asien“, sagt Jean-Marc Ichbia, der Chief Operating Officer des Unternehmens, im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“.

Genug für 850.000 E-Autos

Er hofft, bereits Ende 2026 mit der Produktion loslegen zu können. Bis zu 40.000 Tonnen Lithiumprodukte in Batteriequalität sollen pro Jahr verarbeitet werden; genug, um Batterien für 850.000 Elektrofahrzeuge herstellen zu können. Manche Analysten schätzen, dass der Bedarf an batteriefähigem Lithium in Europa bis Ende des Jahrzehnts auf etwa 600.000 Tonnen steigt.

Den Standort Emden habe man deswegen ausgewählt, weil er nahe an den zukünftigen Kunden ist. „Ein Zentrum der Produktion von Elektrofahrzeugen wird zukünftig in Norddeutschland sein“, sagt Ichiba. „Daneben spielte die Logistik bei der Standortwahl eine wichtige Rolle. Wir verfügen wir hier über einen Tiefseehafen, der es ermöglicht, große Mengen an Rohmaterial zu transportieren und unsere Produkte zu exportieren.“ Ein Großteil unverarbeiteten Lithiums kommt derzeit aus Südamerika und Australien.

Das Werk bei Emden sei von Anfang auf die Anforderungen der Kreislaufwirtschaft hin ausgerichtet. Mit dem gleichen Verfahren können Materialien aus ausgedienten Batterien entnommen und wieder aufbereitet werden. Bis 2030 soll die Hälfte des Ausstoßes aus recycelten Rohstoffen bestehen.

Betrieben mit grünem Strom

Daneben habe die Nähe zu den Offshore-Windparks in der Nordsee für den Standort Emden gesprochen. Etwa 97 Prozent des Stroms in der Region werden durch Windenergie erzeugt, erklärt Daniel Bloor, der CEO des Unternehmens. Das sei auch ein Mittel, sich von der asiatischen Konkurrenz abzusetzen. Derzeit würden in der Nähe von Emden auch Elektrolyseure zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Betrieb genommen. Das Unternehmen hofft, durch den Einsatz des sauberen Energieträgers in seinen Herstellungsprozessen seinen CO 2 -Fußabdruck weiter zu reduzieren.

Der französisch-niederländische Anlagenbauer Technip Energies wurde kürzlich beauftragt, die Projektplanung für das Werkt zu beginnen. Ein weiteres Unternehmen baut den Anlegesteg (Jetty) für das Werk, um die Materialien verladen zu können.

Der Bau der Anlage wird etwa zwei Jahre dauern. Mit den Erfahrungen des ersten Werks sollen dann möglichst schnell die Arbeiten für die zweite Raffiniere beginnen. Idealerweise wolle man bereits Ende 2027 zwei Werke im Betrieb haben, sagt Ichiba. Wahrscheinlich würde die zweite Fabrik auch in Deutschland stehen, sagt er, aber man sei auch in Gesprächen für Standorte in Frankreich und Großbritannien.

Lieferverträge werden neu vergeben

Wenn man so kapitalintensive Projekte verfolgt, sei das Timing entscheidend, sagt Bloor. „Man sollte die Produktion erst dann aufnehmen, wenn die die Kunden bereit sind, das Material zu kaufen“, so der Unternehmer. Viele Verträge, die europäische Hersteller mit chinesischen Lithium-Lieferanten haben, laufen zwischen Ende 2025 und Ende 2026 aus. Dann müsse man in der Lage sein, entsprechende Angebote zu machen. Man befinde sich in Gesprächen mit allen großen Autoherstellern.

Die letzten Jahrzehnte wurden von den chinesischen Unternehmen und der Regierung genutzt, sich hinreichenden Nachschub an Rohmaterialien zu sichern. Engpässe oder Schwierigkeiten, an Rohstoffe zu kommen, befürchtet Bloor dennoch nicht. Derzeit gebe weltweit derzeit etwa 300 Explorationsprojekte, in Südamerika, Australien, aber auch in Kanada und West-Afrika.

Es gebe in Bezug auf Lithium immer wieder Phasen des Über- und des Unterinvestments, sagt Bloor. „China hat sehr gute Arbeit dabei geleistet, sich in der Abschwungphase Lieferungen zu sichern“, sagt er. Aber viele der Bergbauunternehmen hätten dadurch in den letzten 15 bis 20 Jahren nur einen einzigen Abnehmer gehabt und seien nun bestrebt, ihre Kundenbasis zu diversifizieren.

Forschungszentrum in Belval

Einer der Gründe, warum Livista Energy Luxemburg als Firmenstandort auswählte, war die Tatsache, dass das „Family Office“ des Gründers Roland Getreide, das die Anschubfinanzierung lieferte, bereits hier ansässig war. Daneben sei die zentrale Lage innerhalb Europas ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen, sagt Ichbia.

Daher soll auch das Forschungs- und Entwicklungszentrum, das das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Hochschule Emden/Leer und dem Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) plant, im Großherzogtum angesiedelt werden. Das Labor ist am Sitz des LIST in Belval geplant, sagt Ichbia. Im kommenden Jahr soll ein Forschungsleiter eingestellt werden.

Derzeit beschäftigt das Unternehmen 15 Mitarbeiter plus einige Berater, Ende kommenden Jahres sollen es aber bereits mehr als 100 sein. Für den Betrieb des ersten Werkes werde man etwa 200 Mitarbeiter einstellen. Rechnet man indirekt Beschäftigte, beispielsweise für Logistik und Catering, hinzu, werde man mit den Investments zunächst zwischen 1.000 und 1.500 neue Arbeitsplätze schaffen, sagt der frühere TotalEnergies-Manager Ichbia.

THOMAS KLEIN

 

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