Thialoprid verkürzt Bienenleben

LIST-Projekt BeeFirst bringt es an den Tag

Source : Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
Publication date : 08/24/2017

 

Die Bienen haben es nicht leicht. Gestern haben wir berichtet, was mit großen Hoffnungen auf Erfolg getan wird, damit die Varroamilben für sie kein Problem mehr sein werden. Doch damit sind sie nicht aller Probleme ledig!

Die intensive Landwirtschaft verringert die vorhandenen Nahrungsquellen für die Bienen mit ausgeräumten Landschaften und geringerer Biodiversität. Dies obwohl die Landwirtschaft für ihre Erträge sehr wesentlich auf die Bestäuber angewiesen ist — und das nicht nur im Obstbau, der hierzulande stark unterentwickelt ist. Für die Bienen ist es jedoch wesentlich, vom Frühling bis in den Herbst genug Blüten zu haben, ohne daß es da Zeiträume mit fast keinem Angebot gibt.

Neuerdings helfen die meisten Argrar-Umwelt-Klimamaßnahmen das Nahrungsangebot für die Bienen zu verbessern. Das geschieht über Programme für den Erhalt von Streuobstwiesen und Hecken, das Anlegen von Uferschutz- Erosionsschutz und Biotopstreifen, Ackerrandstreifen mit Wildunkräutern und neuerdings sogar 80 ha Blühstreifen quer durchs Land, in denen spezielle Trachtpflanzen ausgesät werden.

An Imker werden von den technischen Diensten der Landwirtschaft (ASTA) Jahr für Jahr Samenmischungen, Sträucher und Jungbäume verteilt, um damit Trachtlücken zu schließen. Eigentlich könnten auch alle Gartenund Vorgartenbesitzer, ja sogar Balkon-Nutzer mit nicht pestizidverseuchter Blütenpracht nicht nur sich und die Umgebung, sondern auch die Bienen erfreuen.

Die Gefahr der Pestizide

Pestizide sind einerseits Nervengifte für den Menschen und schädigen seine Fähigkeit sich fortzupflanzen. Andererseits sind sie aus der konventionellen Landwirtschaft nicht wegzudenken, auch wenn es Bestrebungen gibt, den Einsatz zu verringern. Nur die biologisch wirtschaftenden Landwirte verzichten bewußt darauf, wie auch auf den Einsatz von chemischem Dünger. Aber Biobauern gibt es leider viel zu wenig im kleinen Großherzogtum.

Seit längerem läuft im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums beim LIST (»Luxembourg Institute of Science and Technology« mit Sitz auf Belval-West und nicht in London, wie der Name vermuten ließe) ein Forschungsprojekt zum Thema Bienengesundheit. Zunächst ging es um den Einfluß der Imker-Praxis, der Flächennutzung (landwirtschaftlich oder nicht), der Varroa, der Viren und des Wetters, bevor es seit 2011 um Rückstände von Pestiziden auf das Bienensterben geht.

Am Montag wurde der Presse die Ergebnisse neben den Bienenstöcken von Paul Jungels oberhalb von Brandenburg vorgestellt, und Landwirtschaftsminister Etgen gelobte sofort einzuschreiten.

Im Zeitraum Mai bis August 2011-13 wurden Daten und Proben vom jeweils lokalen Imkern in Linger, Rolling, Lorentzweiler, Reichlingen und Heinerscheid genommen. Sie stammten von höchstens vier Völkern, die zu Projektbeginn etwa dieselbe Stärke von acht mit Bienen besetzten Rahmchen hatten, und aus derselben Zuchtquelle stammten bei standardisierter Behandlung gegen die Varroamilben.

Am Ende lagen 85 Bienenbrotproben — ein Teil des gesammelten Pollens wird in fermentierter Form am Rand des Brutnests eingelagert und Bienenbrot genannt — und 154 Pollenproben vor. Sie wurden in den Jahren 2014-2016 mit Hilfe von Gaschromatographie oder Flüssigchromatographie (beide gekoppelt mit Massenspektrometrie) auf Rückstände von 112 Pestizidwirkstoffen untersucht. Im Ergebnis sind das 26.768 Einzelmeßwerte, die mit der aktuell bestmöglichen Technik gewonnen wurden.

Nicht alle Wirkstoffe, nach denen gesucht wurde, wurden auch vorgefunden. Die EU-Grenzwerte für Imkereiprodukte wurden im Bienenbrot in 11 und im Pollen in 7 Fällen überschritten, am öftesten (9 und 2 Fälle) durch Chlorfenvinphos, ein Bestandteil in alten Mitteln zur Bekämpfung der Varroamilben, und das obwohl es nicht mehr verwendet wird. Im Pflanzenschutz ist das Mittel nicht zugelassen und der Einsatz würde laut LIST-Experte Marco Beyer auch keinen Sinn ergeben, weshalb die Belastung nicht von dort stammen kann. Alle anderen Überschreitungen von Grenzwerten waren Einzelfälle. Sie sind also klar auf lokale Belastungen zurückzuführen.

Es wurde genau Buch geführt, welche Stoffe bei Völkern nachgewiesen wurden, die 2011-13 ein, zwei oder drei Jahre überlebten, um Unterschiede herauszufiltern.

Die Analyse ergab zwei Gruppen und einige Einzelfälle: »In der ersten Gruppe von 5 Völkern hat keins den Beobachtungszeitraum von 3 Jahren überlebt. In der zweiten Gruppe von 9 Völkern befanden sich 7 Völker, die den gesamten Bobachtungszeitraum von 3 Jahren überlebt haben. Bei rein zufälliger Verteilung von überlebenden und verstorbenen Völkern wären in der letzten Gruppe nur 3,8 überlebende Völker zu erwarten. (...) In der ersten Gruppe wären bei rein zufälliger Verteilung von überlebenden und verstorbenen Völkern 2,1 überlebende Völker zu erwarten gewesen. (...) Kein Honigbienenvolk, das im Laufe der Projektphase von 3 Jahren Pollen mit mehr als 23 Nanogramm pro Gramm Thiacloprid gesammelt hat, hat die 3-jährige Projektphase überlebt.«

Wir werden uns morgen damit befassen, was nun mit dem schuldigen Neonikotinoid geschieht!

jmj

 

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