Zum FILL-Projekt EFFO - Effiziente Fruchtfolgen fand am öffentlichen Forschungsinstitut LIST in Belvaux am Dienstag vergangener Woche abermals ein sogenannter Expertentalk statt.
Source : De Letzeburger Bauer
Publication date : 12/01/2017
Anbau ist in Luxemburg um 22% zurückgegangen
Der Agrarentomologe Dr. Michael Eickermann ging als erster Fachreferent auf die Bedeutung des Rapsanbaus ein. In der EU28 nimmt diese Kultur rund 6% der Ackerfläche ein. Dies sind rund 6,7 Millionen Hektar Fläche. Die größten Anteile gibt es in Deutschland mit 12% und in Großbritannien mit 11%. Dr. Eickermann machte gleichzeitig deutlich, dass der Rapsanbau seit dem Verbot der neonikotinoiden Beize in der EU abgenommen hat. In Luxemburg ist dies ebenfalls der Fall. Von 2013, als hierzulande noch 4.500 ha Raps angebaut wurden, schwand die Anbaufläche binnen drei Jahren auf 3.500 ha, also um 22%.
Der LIST-Wissenschaftler zeigte auf, wo hierzulande die regionalen Anbauschwerpunkte zu finden sind. Mit Flächenanteilen von 15-20% sind sie in den Minettgemeinden Rumelange und Differdange am höchsten. Hohe Anteile sind des Weiteren im Stauseegebiet, in einem Gürtel von Kopstal bis Schengen, im Raum Flaxweiler / Wormeldange/Lenningen, im Raum Schieren/ Colmar-Berg sowie in den Gemeinden Koerich und Larochette zu finden. Als potenzielle Probleme infolge hoher Raps-Anbaudichten nannte Dr. Eickermann die Krankheiten Weißstängeligkeit sowie Kohlhernie. (In Sachen Kohlhernie ist anzumerken, dass im Empfehlungssortiment Luxemburgs auch Kohlhernie-tolerante Sorten eingetragen sind.) Außerdem machte er deutlich, dass es mehrere dem Raps verwandte Unkrautarten gibt, welche als schwer bekämpfbar gelten und bei denen man sich deshalb mit ackerbauliehen Maßnahmen behelfen müsste, wenn diese auf den Rapsflächen zu stark vertreten sind.
Ein weiteres Sujet, das der Agrarentomologe ansprach, waren die Rapsschädlinge und in diesem Kontext die enorme Kompensationsfähigkeit von Raps. Selbst bei frühzeitig starkem Rapsglanzkäferbefall. wie er anhand eines Praxisbeispiels aus Wincrange verdeutlichte, konnten am Ende noch 37 dt/ha gedroschen werden. Als hauptsächlich begrenzende Faktoren nannte er das Wasser- und Wärmeangebot während der Vegetation. Wenn diese bei den Faktoren stimmten, dann werde der Raps gedeihen. Gerade beim Rapsglanzkäfer werden jährlich sehr hohe Individuenzahlen bis zum Stadium Mitte Blüte gezählt, im Extremfall umgerechnet bis nahe 15.000 pro qm.
Der LIST-Wissenschaftler kam auch auf das ProjektSentinelle zu sprechen. Bei diesem Projekt geht es u.a. darum, eine Vorhersage für den Schädlingszuflug anhand von meteorologischen und pedologischen Parametern zu treffen. Für den Rapsglanzkäfer nannte er den Parameter Wintertemperaturen. Wenn der Winter zu mild ist, so ist ein geringes Aufkommen dieses Schädlings zu erwarten. Im Kontext mit den Rapsschädlingen allgemein sprach er auch das Thema Risk maps, also Risikokarten. an: je näher sich die Anbaufläche zu einem Rapsschlag im Vorjahr und je näher zum Wald, desto größer ist das Risiko eines Zuflugs.
Schließlich ging er noch auf die meteorologischen Bedingungen im Kulturjahr 2016/17 ein. Diese wurden von drei Phänomenen dominiert. Der Auswinterung im Januar, dem, Blütenfrost in der zweiten Aprilhälfte sowie der Niederschlagsarmut bis Ende Juni. Anhand einer Übersicht bezüglich der klimatischen Wasserbilanz zeigte er auf, dass Niederschlagswasser-Unterschussjahre in den letzten Jahrzehnten zugenommen haben und der langfristige Trend in Richtung Negativwerte geht. Allerdings ist der Raps als Pfahlwurzler von diesem Phänomen weniger stark betroffen als Flachwurzler.
EFFO-Resultate 2016/17
Die Resultate des vergangenen Rapsjahres, dem zweiten Anbaujahr innerhalb des EFFO-Projekts, wurden von Alain Majerus vorgestellt. Die Versuchsparzellen befinden sich auf Praxisflächen in der Stauseeregion, im Raum Simmern/Hobscheid sowie im Raum Reisdorf. Der Fachmann von der Waasserschutzberodung der Landwirtschaftskammer zeigte zunächst eine Übersicht zu den acht verschiedenen Varianten, die herkömmlichen Anbau, teil- und vollmechanische Unkrautbekämpfung. eine Variante ohne chemischen Pflanzenschutz, eine Variante mit abfrierender Untersaat sowie alternative Ölpflanzen (Lein, Hanf) beinhaltet. Bei den Hack-Varianten wurde im 3- bis 4-Blattstadium ein einziges Mal gehackt.
Als maßgebliche EFFO-Ziele nannte der Berater:
• Zu enge Fruchtfolgen aufbrechen.
• Anbaualternativen zum Raps finden.
• Die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Fruchtfolgen.
• Agrarumwelt- und Klimaschutzprogramme (AUKs) integrieren.
Der Berater machte deutlich, dass im Rahmen von EFFO eine große Zahl von Parametern bezüglich Bestandsentwicklung, Unkrautaufkommen und Wirkstoffverlagerung untersuchtwird.
Als Beispiel erwähnte er die Auswinterungsrate. Diese betrug im Extremfall bei einer Variante am Standort Bigelbach mehr als 50%. Des Weiteren kam er auf die Unkrautbonituren zu sprechen, die Gilles Parisot von der Landwirtschaftskammer vornahm. Er machte deutlich, dass die maßgeblichen Unkräuter im Herbst und Frühjahr unterschiedlich stark vertreten sind, es aber zudem auch starke Verschiebungen beim Unkrautspektrum je nach Standort und Jahr gibt. In Bigelbach bei Reisdorf und in Wahl dominierte 2016/17 in absolutenZahlen die Vogelmiere, während es in Simmern der Gänsefuß (im Herbst) bzw. die Rispe (im Frühjahr) war.
Von den rund 25 in den bei den Versuchsjahren festgestellten Unkrautarten waren nur wenige dominierend. Dies waren Vogelmiere, Klatschmohn, Ackerstiefmütterchen und zum Teil Hirtentäschel. Quecke und Rispe waren die dominanten Ungräser, welche aber bevorzugt auf Sandböden zu finden sind. Colza associe war bislang die Variante mit den wenigsten Unkrautarten. Des weiteren machte der Berater deutlich, dass durch Frost, Herbizidanwendungen oder mechanische UKB quasi Platz gemacht wird für andere Arten, die im Frühjahr aufkommen.
Erntedaten 2017
Schließlich kam der Fachmann von der Landwirtschaftskammer auf die diesjährigen Erntedaten zu sprechen. Er betonte diesbezüglich, dass der Raps die schwierigen Bedingungen im Frühjahr an manchen Standorten gut kompensieren konnte, an anderen weniger gut. In Reisdorf und Bigelbach wurden durchschnittlich rund 40 dt/ha gedroschen. In Hobscheid waren die ertraglichen Schwankungen mit unter 20 bis über 40dt/ha (Durchschnitt: 32 dt/ha) sehr hoch und die Resultate haben deshalb laut Alain Majerus nur wenig Aussagekraft. In Simmern waren es rund 48 dt/ha, in Wahl, dem ertragsstärksten Standort 2017, knapp 50 dt/ha. Die ökologische Variante, die nicht mit Bioanbau gleichzusetzen ist, sondern eine Low-Input-Variante darstellt, lag in Wahl mit einem Minus von rund 20 dt/ha weit hinter den klassischen Varianten zurück. Flatzbour war mit durchschnittlichen 21 dt/ha Schlusslicht; laut Alain Majerus war dies vor allem auf eine späte Saat und eine schlechte Vorwinterentwicklung zurückzuführen.
Als nächstes kam der Berater von der Landwirtschaftskammer auf die Alternativkulturen Öllein und Hanf zu sprechen. Nur an einem einzigen Standort (nämlich in Wahl) konnte der Öllein gedroschen werden und erzielte mit 21 dt/ha ein gutes Emteergebnis. Letztes Jahr wurden auf den Standorten 12-15 dt/ha ermittelt. Auf den anderen Versuchsstandorten gab es massive Probleme mit Unkrautdruck oder Zwiewuchs (letzterer war bedingt durch die Trockenheit), so dass es zu Totalausfällen kam.
Alain Majerus stellte im Folgenden eine Beispielrechnung für die Wirtschaftlichkeit von Öllein auf. Es fallen Produktionskosten von knapp 670 € je ha für den Ölleinanbau an, bzw. bei einem Ertrag von 10 dt/ha 3,6 € je Liter Leinöl, wenn man die Verarbeitung mit einbezieht. Bei einer Ertragshöhe wie diesmal in Wahl kann Öllein mit Raps durchaus mithalten, übertrifft gar dessen Wirtschaftlichkeit. Einschränkend muss aber gesagt werden, dass der Absatzmarkt für Öllein zurzeit noch eine kleine Nische darstellt, diese Kultur also momentan keine bedeutsame Rapsalternative sein kann.
Der Hanf konnte diesmal nicht wie geplant gedroschen werden. Unter anderem begründet durch eine zu frühe Aussaat, eine zu hohe Stickstoffversorgung und eine zu dichte Aussaat. Die Bestände wurden schließlich gehäckselt, um zumindest eine Trockenmassebestimmung durchführen zu können. Als Alternative zur Ölnutzung, die von zunehmender praktischer Bedeutung ist, gilt eben die Fasernutzung von Hanf. Bei dieser Nutzung gibt es offenbar ein Erlöspotenzial von rund 1.000 Euro pro ha, dies bei relativ geringen Produktionskosten, wie man aus der Praxis außerhalb des EFFO-Versuchswesens weiß. Im SES-Einzugsgebiet werden laut Alain Majerus derzeit rund 10 ha als nachwachsender Rohstoff angebaut.
Trotz des Einsatzes der beiden genannten Kulturen als nachwachsende Rohstoffe in Gewerbe und Industrie sind beide derzeit nur als Nischenproduktionen mit einem begrenzten Anbaupotenzial anzusehen.
Schließlich ging er noch auf das Zwischenfazit zum Anbau aus zwei Versuchsjahren ein. Ein standortbedingter Trend beim Raps ist nicht festzustellen. Der schlechteste Standort 2016 lieferte 2017 die besten Ergebnisse 2017, der beste vom Vorjahr diesmal die schlechtesten. Im Echternacher Kanton, am Standort Bigelbach/Reisdorf gab es bislang die stabilsten Erträge. Die klassischen Varianten (Metazachlor und integrierter WR) lieferten im Mittel aller. Standorte die besten Ergebnisse, die Variante Weite Reihe (mit teilmechanischer UKB) mittlere Erträge. Die Variante Colza Associe ist im Mittel mit den konventionellen Varianten vergleichbar, allerdings mit starker Streuung. Der sogenannte Ökologische WR bleibt hinter den restlichen Varianten zurück mit Erträgen von 27 dt/ha im Mittel der beiden Versuchsjahre, liegt jedoch über den Erwartungen. Möglicherweise hat aber die Schädlingsbekämpfung in den restlichen Varianten einen positiven Einfluss auf die Variante Ökologischer WR.
In Bezug auf die Alternativkulturen fiel die Zwischenbilanz kurz aus. Für den Öllein wird die Ertragsunsicherheit wegen der diesjährigen Erfahrungen als groß bewertet. Beim Hanf gibt es noch keine zweijährigen Erfahrungen.
Wirtschaftlichkeitsdaten aus den ersten Versuchs jahren
Über die Wirtschaftlichkeit sprach Gérard Conter (LTA, ehemals SER). Er machte eingangs deutlich, dass Vergleichszahlen nötig sind und Preise aus der Praxis einbezogen werden. Verglichen wurden die Leistung, die Direktkosten und die direktkostenfreie Leistung (DKL). Gérard Conter zeigte die Raps-Anbauvarianten sowie Öllein im Vergleich.
Bei den klassischen Rapsvarianten war die DKL 2015/16 vergleichbar mit dem Durchschnitt beim SERTestbetriebsnetz. Die anderen Vari-. anten lagen darüber, allerdings ohne die Hackkosten zu berücksichtigen. Diese veranschlagte der Lehrer vom LTA auf 75 Euro pro ha und Hackgang. Wenn man diese Kosten mit einbezieht, sind die DKL-Werte der verschiedenen Varianten mit rund 550-720 Euro pro ha recht nah beieinander. Auch der extensivere Öllein lag bei der Ökonomie im ersten EFFOVersuchsjahr in diesem Bereich.
Für 2016/17 ergaben sich weitaus höhere DKL-Werte von rund 1.000 bis 1.300 Euro pro ha. Öllein, der in Wahl sehr gut drosch, ist auf diesen Standort bezogen mit rund 1.300 Euro ebenbürtig, aber es mangelt dieser Kultur ganz einfach an Ertragssicherheit (siehe oben).
Gérard Conter verwies des weiteren darauf, dass Raps eine Kultur für Spezialisten ist. Bei der SER-Auswertung zeigt sich stets, dass es riesige Unterschiede zwischen den 25% besten und den 25% schlechtesten Betrieben gibt. Diese betrugen im Jahr 2014 815 Euro pro ha, bezogen auf die DKL. Das Spitzenviertel der Rapserzeuger erzielte eine DKL von 1.315 Euro pro ha. Beim Raps sei nach wie vor ein hoher Beratungsbedarf nötig, konstatierte der LTA-Lehrer.
Teiflächenbehandlung als Alternative?
Zum Abschluss ging Gilles Rock von der Start-up-Firma Gepcoptix auf Precision Farming im Ackerbau und bei EFFO ein. Er sprach in punkto Precision Farming von der Notwendigkeit, den Raum digital, dabei räumlich und zeitlich hoch aufgelöst sowie schnell zu erfassen. Diesbezüglich sei die Fernerkundung günstig, hierbei die Drohnennutzung besonders kostengünstig.
Im Rahmen von EFFO wurden von Geocoptix in der Saison 2016/17 erstmals Unkrautbestände fernerkundlieh detektiert. Mit verschiedenen Bildklassifikationen wurden die gewonnenen Daten ausgewertet. Gilles Rock sprach das Problem der Unterscheidbarkeit von Raps und Unkräutern an. Laut seinen Angaben lag der Wert hierfür bei seiner Fernerkundung über 80%. Wenn es zu einer Teilflächenbehandlung kommen soll, müsste gerade im frühen Stadium des Unkrauts eine gute Unterscheidbarkeit vorliegen. Doch je früher das Stadium, desto schwieriger wird es mit der gesicherten Unkrauterkennung. In der aktuellen Saison 2017/18 wird von Geocoptix an den Methoden der Unkrauterkennung weiter gefeilt werden.
Empfehlungen an die Politik
Der fachliche Teil wurde abgeschlossen mit Empfehlungen an die Politik. Diese werden im folgenden im Wortlaut wiedergegeben.
"Aktuell existieren kaum alternative Ölfrüchte zum Raps für den heimischen Anbau.
Deshalb ist eine Unterstützung von Forschung, Beratung und Wissenstransfer im Rapsanbau auch weiterhin unbedingt erforderlich:
• In puncto Unkrautbekämpfung bestehen praxisreife Anbaustrategien, welche jedoch weiter vertieft werden müssen.
• Problematischer als die Unkrautbekämpfung ist aktuell die Schädlingsproblematik => künftiger Forschungsbedarf: Prognosemodelle, ...
• Vor allem die alternativen Anbaumethoden erfordern den Einsatz moderner Präzisionstechnologien (Precision Farming), welche es weiter zu entwickeln gilt f- zum Beispiel Teilflächenbehandlung zur Bekämpfung von Problemunkräutern (Kamillen usw .... )."
Zum Abschluss sprachen Umweltministerin Carole Dieschbourg und Land wirtschafts minister F ernand Etgen. Die Umweltrninisterin sagte, das Projekt EFFO sei wichtig, um die Kultur Raps attraktiv zu halten. Der Landwirtschaftsminister nannte in seiner Ansprache den Wasserschutz als eine der größten Herausforderungen hierzulande. Das Projekt EFFO bezeichnete er diesbezüglich als ein wichtiges Element.
Alex Mesenburg vom LTA-EFFO-Team warb abschließend für die nächste EFFO-Fachtagung, die am 23. Februar 2018 stattfinden wird.