Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau in Luxemburg

Fachvortrag im Rahmen der 11. Wäibaudag in Wormeldange

Source : De Letzeburger Bauer
Date de publication : 22/02/2019

 

Im Rahmen des 11. Letzebuerger Wäibaudag, der am 6. Februar in Wormeldange stattfand, referierten die LIST-Wissenschaftler Dr. Jürgen Junk und Dr. Daniel Molitor über die Auswirkungen des Klimawandels in Luxemburg. Dr. Junk legte dar, dass sich binnen 20 Jahren (1990-2010 im Vergleich zu 1961-90) die Jahresdurchschnittstemperatur an der Wetterstation Findel bereits um 1,0°C erhöht hat. Dies macht sich gerade auch während der Vegetationsperiode bemerkbar. Bei den Niederschlägen gibt es zwar eine leichte Tendenz hin zu höheren Winterniederschlägen und geringeren Sommerniederschlägen. Aber diese sind nicht signifikant. Bei den Starkniederschlägen gab es in diesem Zeitraum eine leichte Zunahme. Der Experte betonte, dass die Klimamodelle zwar immer feiner werden, aber zum Modellieren bestimmte Annahmen bezüglich der künftigen Klimagasemissionen gemacht werden müssen. 

Bei einem optimistischen Szenario sei für Luxemburg mit einem weiteren Temperaturanstieg von 0,9°C bis 2100 zu rechnen, bei einem pessimistischen mit 3,0°C bis 2100. 

Nicht nur Risiken, sondern auch Chancen durch Klimawandel 

Dr. Molitor widmete sich den direkten Folgen des Klimawandels für den heimischen Weinbau. Er kam zunächst auf eine Studie der Universität Trier zu sprechen, bei der Winzer zu ihrer Einschätzung bezüglich des Klimawandels befragt wurden. Erwartet wird zum einen eine Zunahme bei den Parametern Hitzeperioden, Hagel/Starkregen und hohe Temperaturen. Aber es gibt auch positive Aspekte. Die Praktiker nennen mehrheitlich vor allem die Erweiterung der Sortenmöglichkeiten sowie den günstigen Einfluss auf Reife und Weinqualität. So ist es letztlich nicht ungewöhnlich, dass drei Viertel der Winzer in ihrer Gesamtbewertung angeben, dass der Klimawandel sowohl positive als auch negative Folgen hat, das Pendel für sie also weder in die eine noch in die andere Richtung ausschlägt. 

Dass der Klimawandel schon jetzt Fakt ist, erläuterte Dr. Molitor im Folgenden, denn schlechte Weinjahre durch unzureichenden Wärmegenuss (ein in den vergangenen Jahrhunderten häufiger anzutreffendes Phänomen) bleiben seit Beginn des 21. Jahrhunderts aus. Während es noch im 20. Jahrhundert vorkam, dass selbst Rivaner nicht ausreifte, hat man nun die Situation, dass Pinotsorten und Riesling in fast allen Jahren ausreifen. In den besonders warmen Jahren erreicht der maßgebliche Huglin-Index bei uns bereits Werte, die für typisch südländische Sorten wie Grenache und Syrah ausreichen würden. 

Der LIST-Wissenschaftler kam im Folgenden auf die Prognosen für den Standort Remich zu sprechen. Das Spätfrostrisiko wird in den nächsten Jahrzehnten nicht geringer werden, weil der Austrieb tendenziell immer früher erfolgt. Doch in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts ist aufgrund der milder werdenden Winter mit einer Abnahme dieses Risikos zu rechnen. 

Risiken durch Reifeverfrühung 

Gegenüber der Periode 1971-2000 wird sich der Reifebeginn im Zeitraum 2061-90 um über zwei Wochen verfrühen. Doch diese Verfrühung der Reife birgt auch Risiken. Für die Reifephase wird eine bedeutende Änderung bei der Durchschnittstemperatur vorhergesagt, für den o.a. Zeitraum eine Erhöhung um 5,1°C, somit quasi das Doppelte der Temperaturerhöhung für das ganze Jahr (2,6°C). Fallen in dieser Phase warme Bedingungen und hohe Niederschläge zeitlich zusammen, so steigt das Fäulnisrisiko deutlich und im schlechtesten Fall ist eine "Turbolese" nötig, bei der die drohende Fäulnis den Lesetermin diktiert. Ein ungünstiges Zusammentreffen von hohen Niederschlägen und relativ hohen Temperaturen ist in den letzten 20 Jahren häufiger der Fall gewesen, wie der LIST-Wissenschaftler darlegen konnte. Von den 17 Jahrgängen im Zeitraum 2000-2016 fielen elf unter die Kategorie feucht-warm. 

Weitere potenzielle Risiken durch zu hohe Temperaturen während der Reife sind eine abnehmende Aromenbildung (resp. Anthocyanbildung bei roten Sorten) und ein beschleunigter Äpfelsäureabbau. Die Aromenreife wird zum einen durch das Ausbleiben kühler Nächte gefährdet und zum anderen durch zu hohe Mostgewichte, die einen früheren Lesetermin nahelegen. 

Daniel Molitor sprach bezüglich dieser zu erwartenden Klimawandelfolgen über potenzielle· Anpassungsstrategien. Da ist zum einen der Standortwechsel zu nennen, und zwar hin zu entweder nördlicheren oder höher gelegenen, kühleren bzw. weniger sonnenexponierten Standorten. Beim Pflanzmaterial könnte man auf spätreifende Sorten bzw. reifeverzögernde Unterlagen zurückgreifen. Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit, die Reife durch das Erziehungssystem, die Laubwandgeometrie bzw. die Kulturführung zu verzögern. Minimalschnittsysteme gelten beispielsweise als reifeverzögernd. 

Weißwein von der Our als künftige Option

Der LIST-Wissenschaftler zeigte an hand des Projekts TerroirFuture auf, dass historische Weinbaustandorte durchaus wiederbelebt werden könnten. Bei diesem Projekt wird der Anbau der Piwi-Sorte Cabernet Blanc an den Standorten Remich und Vianden verglichen. Schon heute reichen die Bedingungen in Vianden aus, um Rivaner und Pinot blanc abreifen zu lassen. Laut dem LIST-Wissenschaftler  war am Standort  Vianden im dreijährigen Mittel eine Reifeverzögerung von zwei Wochen zu beobachten. "In Vianden ist es eine halbe Rebsorte kühler", stellte Daniel Molitor mit Blick auf den verminderten Wert beim Huglin-Index im Vergleich zu Remich fest. Aber im Frostjahr 2017 waren deshalb am Our-Standort auch keine Frostschäden zu verzeichnen. Das 1-Blatt-Stadium wurde dort erst am 10. Mai erreicht. Beim Weintyp ergaben sich in Vianden Aromenschwerpunkte aus dem Bereich. Grüner Spargel und Grüner Paprika, in Remich hingegen aus dem Bereich tropische Früchte und Quitte. 

Zum Abschluss wies Daniel Molitor noch auf Clim4Vitis hin, ein dreijähriges EU-Forschungsprojekt, bei dem es um die Klimawandelfolgen auf den europäischen Weinbau und den diesbezüglichen Wissenstransfer in die Praxis geht. Die Projektpartner kommen aus Portugal, Italien, Deutschland und Luxemburg (LIST). 

(hl)

 

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