Bequemer ankommen

Selbstfahrende Autos sind noch Zukunftsmusik – weniger Verkehr dürfte es damit aber nicht geben

Source : Luxemburger Wort
Date de publication : 24/01/2019

 

Unter anderem im Gewerbegebiet Contern sind die ersten selbstfahrenden Shuttlebusse getestet worden. Ziel ist, so die Verkehrssituation zu verbessern. Schien es noch unlängst, selbstfahrende Autos würden in absehbarer Zeit das Straßenbild beherrschen, trat inzwischen einige Ernüchterung ein.

„Es zeichnet sich ab, dass es nach dem Hype vor ein paar Jahren ein bisschen langsamer vorangeht“, sagt Paul Schockmel, der bei IEE für Strategie, Innovation und Marketing zuständig ist. Wenn es um selbstfahrende Autos geht, kommt man an Sensoren und damit auch an dem Unternehmen aus Contern und Echternach nicht vorbei.

Vision lenkradloses Fahrzeug

IEE stellt Sensoren her, wie sie zum Beispiel dazu dienen, um das Auto in der Spur und in Abstand zum Vorderfahrzeug zu halten. Theoretisch wäre es damit schon möglich, das Auto auf der Autobahn automatisch fahren zu lassen. „Solange die Spur gut markiert ist“, schränkt Schockmel ein. Momentan ist es nämlich so, dass heutige Sensoren noch Schwierigkeiten hätten, schneebedeckte Fahrbahnmarkierungen zu erkennen. „Auch von der Gesetzgebung her ist das heute nicht erlaubt“, sagt Schockmel. Darum müssen solche Fahrzeuge mit „Autopilot-Funktion“ eine Warnung ausgeben, wenn der Fahrer das Lenkrad eine bestimmte Zeit loslässt. Momentan ist IEE weltweit die einzige Firma, die eine solche Sensortechnologie für Lenkräder anbietet.

Von Luxemburg nach Brüssel über die Autobahn, das könnten Autos schon heute selbstständig. Wenn man dann in Brüssel in den ersten Kreisverkehr kommt, wird es schwieriger.

„Bis das Lenkrad definitiv verbannt ist, werden wir noch lange einen Mix-Modus haben“, sagt Schockmel. Wenn man Videos sieht, wie ein Tesla-Fahrer sich zum Zeitunglesen auf die Rückbank setzt, so sei das jedenfalls lebensgefährlich. Die Technik sei heute noch nicht so weit, auch wenn eine solche Fahrt bei idealen Umweltbedingungen über Stunden gut gehen könne.

In wenigen Jahren werden aber die ersten Autos auf den Markt kommen, die fahren dürfen, ohne dass der Fahrer sie permanent steuert. „Ein solches Auto hat aber nicht die volle Kontrolle“, sagt Schockmel. „Es wird Situation geben, in denen das Auto sagt, dass der Mensch das Steuer übernehmen muss.“ Auch hier sind entsprechende Sensoren nötig, zum Beispiel, damit das Auto erkennt, was der Fahrer gerade tut. 3D-Kameras, die die Pupillen kontrollieren, sagen beispielsweise dem Computer, wie lange es braucht, bis der Mensch die Kontrolle über das Fahrzeug zurückerlangt. „Solche Übergabephasen sind sehr kritisch, und an der entsprechenden Technologie arbeiten wir derzeit“. Schockmel ist zuversichtlich, dass am Ende das vollständig autonome Fahrzeug steht. „Dann kann der Mensch fahren und während dieser Zeit ganz andere Sachen machen“. Unterscheiden sich heute Automarken durch ihr Äußeres, werden sie sich in Zukunft vor allem durch ihr Inneres unterscheiden. Denn das Fahrzeug wird zum Wohnzimmer, Schlafzimmer, Hobbyraum oder Büro. Schockmel: „Der Innenraum eines Fahrzeugs wird dann sehr flexibel sein.“ Auch an diesem Interieur der Zukunft arbeitet IEE in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Zulieferer für Innenraumkomponenten Yangfeng.

Noch viele Probleme zu lösen

Zum reibungslosen Verkehr autonomer Fahrzeuge gehört deren Kommunikation durch Mobilfunk. Wenn aber beispielsweise in Deutschland Landschaften ohne 5G-Netzausbau bleiben sollen, wie sollen dann Fahrzeuge dort miteinander kommunizieren? Der Mobilfunkstandard 5G ist bei sicherheitsrelevanten Situationen nötig, weil es dann auf Millisekunden ankommt.

Verkehr könnte weiter zunehmen

Mit dem selbstfahrenden Auto steigt die Gefahr, dass mehr gefahren wird, sagt Professor Francesco Viti, der an der Universität Luxemburg das „MobiLab“ für Mobilitätsforschung leitet.

Es sei mit autonomen Autos zwar wahrscheinlich, dass künftig weniger Autos auf der Straße seien, aber nicht weniger Verkehr, da nach Meinung von Viti dann viel mehr Fahrten generiert werden, zum Beispiel wenn leere Autos nach einem Parkplatz suchen.

„Wir müssen darüber nachdenken, unsere Systeme neu zu gestalten, um sie effizient zu machen“, sagt Viti, der bei selbstfahrenden Autos das Risiko sieht, dass dann weniger Menschen den öffentlichen Transport nutzen, „die nach wie vor nachhaltigste Art der Mobilität“.

Dass der öffentliche Transport bald kostenfrei sein wird, werde die Zahl der Fahrgäste in den Bussen erhöhen. „Aber auch das bedeutet nicht, dass vor allem während der Hauptverkehrszeiten weniger Verkehr herrscht“, sagt Viti. Ihm zufolge wird nur eine Kombination aus kostengünstigen Transportmöglichkeiten mit einem effizienten System in der Lage sein, mit dem privaten Auto als Verkehrsmittel zu konkurrieren.

MobiLab arbeitet derzeit an verschiedenen Projekten rund um Mobilität in Luxemburg und darüber hinaus. Ein Projekt soll zum Beispiel das Verkehrsministerium unterstützen, die Auswirkungen künftiger Mobilitätsdienste und -technologien besser vorherzusagen und zu berechnen. Ein weiteres nationales Projekt in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut List, Sales Lentz und dem Volvo e-Bus-Kompetenzzentrum in Liwingen entwickelt neue Planungs- und Managementstrategien für Bussysteme, insbesondere zur Erleichterung der Umstellung auf vollelektrisch. 

MeM

 

Partager cette page :