Düstere Wolken über dem Moseltal

Hat der oft zitierte Jahrhundert-Jahrgang 2018 ein bemerkenswertes Kapitel in die Geschichtsbücher der luxemburgischen Winzer geschrieben, darf man die Aussichten für den aktuellen Jahrgang ohne Umschweife als eine Katastrophe bezeichnen. Die Folgen von Frost, Hagel und extremer Sonneneinstrahlung aus den vergangenen Monaten bieten ein geradezu desaströses Bild in den Rebanlagen und die in der kommenden Woche startende Lese wird nur minimale Ernteerträge hervorbringen.

Source : Tageblatt
Date de publication : 19/09/2019

 

Auf Initiative der Organisation Protvigne in Zusammenarbeit mit dem „Institut viti-vinicole“ (IVV) und dem LIST (Luxembourg Institute of Science and Technology) werden die Winzer alljährlich vor Beginn der Weinlese zu einer finalen Weinbergsbegehung ins Weinbauinstitut nach Remich eingeladen. Hier geben die Verantwortlichen eine Jahresübersicht über Wetter und Vegetationsstand, ferner werden diverse Versuchsreihen, die im Laufe des Jahres durchgeführt wurden, vorgestellt und detailliert erläutert.

Roger Demuth, Präsident der Organisation Protvigne, die seit 50 Jahren für ihre 400 Mitglieder u.a. die Hubschrauberspritzungen koordiniert oder in Kooperation mit dem IVV in Sachen Rebschutz aufklärt, konnte eine stattliche Anzahl an Winzerkollegen willkommen heißen, nicht ohne unerwähnt zu lassen, dass die bevorstehende Ernte in keinster Weise mit der vorherigen vergleichbar sein werde.

Wechselbad der Gefühle

Abteilungsleiter Serge Fischer vom Weinbauinstitut bemerkte in seinen Ausführungen, dass die vergangenen Monate ein wahres Wechselbad der Gefühle bei der Winzerschaft hervorgerufen haben. Unzählige Wetterkapriolen, vom Spätfrost im Mai über Hagel und extreme Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten bis hin zu ungenügender Bewässerung, ließen eine äußerst dürftige Ernte erwarten, im Schnitt sei mit Ertragseinbußen von bis zu 50 Prozent zu rechnen. Unter dem Strich bedeute dies, dass die Erntemenge sich voraussichtlich bei ca. 60.000 hl einpendeln wird, der durchschnittliche Ertrag liegt jedoch bei rund 120.000 hl.

Robert Mannes (IVV) referierte seinerseits detailliert über die Witterungsverhältnisse des Weinjahres 2019. Brachte der Januar erstaunliche 17 Frosttage hervor (Minimaltemperatur 0 °C oder weniger), überraschte der Februar allerdings mit den in dem Monat höchsten jemals gemessenen Temperaturen von bis zu 23,9 °C. Hierdurch kam die phänologische Entwicklung schneller in Gang und das Stadium Knospenschwellen wurde bereits am 3. April, ca. 14 Tage früher als üblich, registriert.

Den ersten Tiefschlag gab es dann in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai: Bedingt durch kalte Polarluft sanken die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt – mit verheerenden Folgen, da vielerorts das Blattstadium 3-4 bereits erreicht war. Das Schadensbild entlang der Luxemburger Mosel lag anschließend zwischen 40 und 50 Prozent. Der nächste Nackenschlag für die Rebanlagen folgte dann im Juni und Juli mit zwei extremen Hitzewellen und Temperaturen von über 40 °C. Das  sorgte für Hitzestress an den Reben und für massive Sonnenbrandschäden, hinzu kam auch noch, dass die notwendigen Niederschlagsmengen viel zu gering ausfielen.

Ultramoderne Drohne im Einsatz

Das LIST, mit Sitz in Esch-Belval, führt in Zusammenarbeit mit dem IVV und der Universität Trier im Laufe des Jahres zahlreiche Testreihen in den Versuchsweinbergen des IVV durch. Neu in diesem Jahr ist dabei eine kürzlich installierte Wetterstation am Weinbauinstitut, die Winzer können hierzu per App auf alle relevanten Wetterdaten zurückgreifen. Mircea Oaida von der Firma Tereseya stellte den Anwesenden diese Applikation vor und erläuterte die Vorzüge. Unter anderem zur Früherkennung von Pilzund Schädlingsbefall in den Rebanlagen wird eine ultramoderne Drohne eingesetzt. Daniel Molitor vom LIST demonstrierte mit einem Übungsflug die Funktionsweise und Effektivität des Fluggerätes, das mit einer hochauflösenden Hyperspektralkamera ausgestattet ist. Im Laufe des Jahres hat man diverse Befallsniveaus getestet, die Einsätze der Drohne garantieren eine frühzeitige Erkennung und ermöglichen es so, zeitnah zu reagieren und einzugreifen. 

Eine Begehung in einer Ruländer-Parzelle (Grauburgunder) zeigte, welche Schäden die dramatischen Klimaverhältnisse hinterlassen haben. Der Grauburgunder, eine Weißweinsorte mit rötlich bis rot gefärbter Beerenhaut, hängt zum Teil reif am Rebstock, gleich daneben aber grünes, noch unreifes Lesegut sowie durch Sonnenbrand vertrocknete Beeren.

Bleibt am Ende die Hoffnung, dass der zu erwartende Minimalertrag zumindest eine ansprechende Qualität hervorbringen wird. Ob der passionierte Weinfreund dann allerdings seinen Geldbeutel ausbluten lassen muss, bleibt abzuwarten.

Herbert Becker

 

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