Koks im Kanal

Forschungsprojekt des nationalen Gesundheitslaboratoriums fahndet nach Drogen in Abwässern

Source : Luxemburger Wort
Date de publication : 19/10/2019

 

„Abwässer sind ehrlich und verstecken nichts“, so fasst Alain Origer, Drogenbeauftragter des Gesundheitsministeriums, die Resultate dieses doch eher ungewöhnlichen Pilotprojektes zusammen. Das nationale Gesundheitslaboratorium (LNS) und das Luxembourg institute of science and technology (LIST) haben ihre Kompetenzen zusammengelegt und nach Drogenspuren gesucht. Fündig wurden sie in den Abwässern.

„Der Körper nimmt die verschiedenen Drogensubstanzen auf, baut sie wieder ab und scheidet diese Substanzen oder ihre Abbaustoffe auf natürlichem Wege wieder aus. Das ist es, was wir messen“, so Serge Schneider, Leiter der analytischen Toxikologie im LNS in Düdelingen.

Die Proben wurden vor der Klärung am Einlauf der Kläranlage in Petingen gezogen. Dort laufen die Abwässer von rund 70 000 Einwohnern aus den Gemeinden Differdingen, Käerjeng, Petingen und Sassenheim zusammen. „Wir haben dort vom 25. bis zum 29. Juni 2018 insgesamt 40 Proben entnommen und sie dann mithilfe moderner Analysetechnik, in diesem Fall Massenspektromie gekoppelt an die Flüssig-Chromatografie, hier im Laboratorium analysiert“, erklärt Schneider.

Überraschung Crystal Meth

Getestet wurde auf Kokain, Heroin, Amphetamin, Methamphetamin (Crystal Meth), Cannabis und Ecstasy. „Sämtliche Drogen beziehungsweise ihre Abbaustoffe konnten in den Proben nachgewiesen werden. Angesichts der Beschlagnahmungen bei Polizeikontrollen ist dies wenig überraschend, nur die Anwesenheit von Crystal Meth ist dann doch eher ungewöhnlich“, so Schneider. Laut Alain Origer sei Crystal Meth bisher in Luxemburg als Droge kaum in Erscheinung getreten. „Die Mengen sind sehr klein, es muss sich bei den Konsumenten also um Einzelpersonen handeln, die mit diesem Stoff herumexperimentieren.“

Topwerte bei Kokain

Besonders hoch ist der nachgewiesene Wert an Kokain, der bei 541 Milligram pro Tag und 1 000 Einwohner liegt. Lesbar wird dieser Wert aber erst, wenn man ihn in den europäischen Vergleich stellt. Im europäischen Ausland werden ähnliche Studien durchgeführt, dies in Zusammenarbeit mit der europäischen Drogenbeobachtungsstelle EMCDDA. Mittlerweile liegen die Daten von 70 Städten vor. Der luxemburgische Kokain-Wert liegt dabei deutlich über dem europäischen Medianwert und ist in etwa vergleichbar mit Städten wie Basel und Genf. Spitzenreiter sind übrigens Drogenhotspots wie Bristol, Amsterdam oder Zürich.

Auch bei MDMA (Ecstasy) liegen die Petinger Werte über dem europäischen Durschnitt. „Die gemessenen Werte lassen aber keine Rückschlüsse auf die Qualität der Drogen oder auf die Zahl der Konsumenten zu“, so Serge Schneider. „Wir haben hier nur ein neutrales Abbild der Gesamtmenge an konsumierten Drogen.“ Schneider stellte zugleich klar, dass alle gemessenen Werte so niedrig sind, dass sie im Abwasser keine Gefahr für die Gesundheit darstellen.

Neutrales Abbild der Realität

Laut Alain Origer sind die gemessenen Werte nicht wirklich eine Überraschung, decken sie sich doch mit den Untersuchungen und Beschlagahmungen der Polizei. „Dass viel Kokain in Luxemburg unterwegs ist, wissen wir. Eine Ausnahme macht das Crystal Meth, das wir bisher in Luxemburg nicht wirklich kannten.“ Laut Origer sei diese Messmethode ein sehr interessantes komplementäres Mittel, um den Drogenkonsum in Luxemburg zu beziffern. „Aktionen der Polizei sind punktuell und ergeben kein Gesamtbild, auch bei Befragungen in den Drop-Ins sind die Konsumenten nicht immer bereit, Informationen über alle konsumierten Substanzen zu liefern.“

Laut Origer veranschaulichen die Resultate aber auch einen anderen interessanten Aspekt: „Wir sehen hier Drogentrends in der Gesellschaft. Der Banker, der Kokain konsumiert, steht nicht am Abrigado. Aber im Abwasser wird der Konsum sichtbar.“

LIST und LNS wollen künftig auch andere Standorte unter die Lupe nehmen. Denkbar sind punktuelle Messungen während Festivals, um neue Trends bei synthetischen Drogen festzustellen. Oder aber die Kläranlage der Hauptstadt. „Es ist anzunehmen, dass der Kokain-Anteil dort noch höher liegen wird“, meint Origer.

Jacques Ganser

 

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