Rohstoffe für die Mondbasis

Das „European Space Resources Innovation Centre“ nimmt seine Forschungsarbeit auf

Source : Luxemburger Wort
Date de publication : 19/11/2020

 

Klappern gehört bekanntermaßen zum Handwerk. Das scheint allerdings auch für das Weltraum-Geschäft zu gelten. Denn geklappert wurde reichlich bei der gestrigen Eröffnung der Forschungseinheit „European Space Resources Innovation Centre“ (ESRIC). So wurden nicht nur prominente Vertreter der amerikanischen (Nasa) und europäischen Weltraumagenturen (ESA) zugeschaltet, sondern es gab auch einen aufwendig produzierten Film, der die Ambitionen Luxemburgs im Bereich „Space Resources“, also dem Abbau und der Nutzung von Rohstoffen im All, erklärt. Daneben führte eine spektakuläre Animation das recht unspektakuläre Logo des neuen Forschungszentrums ein. Besucher erhielten Tassen, Anstecknadeln und zeitgemäß eine Gesichtsmaske mit dem Branding des ESRIC.

Jetzt ist es am Interimsdirektor des Forschungszentrums, Matthias Link, dieses Vorhaben mit Inhalt zu füllen. Link, dessen Mandat über zwei Jahre läuft, ist bereits seit zwei Jahren bei der „Luxemburg Space Agency“ (LSA) für das Thema Space Resources verantwortlich. Zu den ersten Aufgaben des promovierten Ingenieurs und Physikers wird es gehören, die richtigen Mitarbeiter für die Entwicklungsprojekte zu rekrutieren und die benötigte Forschungsinfrastruktur aufzubauen. Dazu steht ihm ein Anfangsbudget von 20 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre zur Verfügung.

Förderung des Unternehmertums

Angesiedelt wird das ESRIC am „Luxembourg Institute of Science and Technology“ (LIST) und wird dort als eigenständige Abteilung geführt werden. Nach der Aufbauphase soll das ESRIC möglicherweise vom LIST abgespalten und als eigenständige Institution geführt werden. Die Anbindung ans LIST mache Sinn, betont der Chef des Instituts Thomas Kallstenius. Denn dort werden nicht nur bereits jetzt einige Forschungsprojekte für den Weltraumsektor betrieben, sondern die für die Space Resources wichtigen Materialwissenschaften sind auch einer der Schwerpunkte der Forschungseinrichtung. „Wir haben viele potenzielle Synergien zwischen ESRIC und unseren Forschungsabteilungen identifiziert“, sagte der Schwede bei der Veranstaltung.

Dabei betonte er auch die Bedeutung des „Dual Use“ – dass man nicht nur nach Lösungen für die Raumfahrt, sondern immer auch Anwendungsmöglichkeiten auf der Erde suchen wolle. Eine weitere wichtige Säule des ESRIC neben der Forschung soll die Förderung des Unternehmertums in diesem Bereich sein. So wird gleich zu Beginn ein eigener Inkubator aufgebaut, der junge „Space Resources“-Firmen bei der Entwicklung ihres Geschäfts unterstützen soll. Wirtschaftsminister Franz Fayot betonte, dass das ESRIC auch den Wissens- und Technologietransfer zwischen Unternehmen befördern soll. „Das Forschungszentrum wird die Industrie und Investoren ermutigen, sich zusammenzuschließen und die Entwicklung wichtiger Technologien (...) zu beschleunigen“, sagte er bei der Inauguration.

Dauerhafte Besiedlung des Mondes

Im Mittelpunkt der Eröffnungsveranstaltung stand aber die Unterzeichnung der Partnerschaftsvereinbarung zwischen der ESA und der LSA, die die Gründung des ESRIC möglich machte. Die ESA schießt acht Millionen Euro zum Startbudget des Forschungszentrums bei und stellt einen Teil der Forschungsausrüstung wie eine Vakuumkammer, in der Materialien unter den im Weltall herrschenden Bedingungen getestet werden können, zur Verfügung. Sie wird vermutlich auch einer der Hauptabnehmer der Innovationen sein, die im ESRIC entwickelt werden. ESA Generaldirektor Jan Wörner, der per Videolink zugeschaltet war, betonte, dass die Idee eine Forschungszentrums speziell für den Bereich Space Resources bisher „einzigartig“ sei.

Bei den weiteren Vorträgen des Vormittags wurde dann tatsächlich klarer, wie konkrete Anwendungsbereiche der zu entwickelten „Space Resources“-Technologien aussehen könnten. So verwies Fayot auf die kürzlich vereinbarte Beteiligung Luxemburgs an dem Artemis-Projekt, das unter Federführung der NASA bis 2024 wieder Menschen, darunter zum ersten Mal eine Frau, zum Mond bringen will. Diesmal gehe es aber nicht mehr nur darum, Proben zu sammeln und zur Erde zurückzubringen, vielmehr soll eine permanente Präsenz des Menschen auf dem Erdtrabanten ermöglicht werden, betonten gleich mehrere Sprecher. Dazu sei es unerlässlich, dass Technologien entwickelt werden, um die dort vorhandenen Ressourcen zu nutzen, betont Bernhard Hufenbach von der ESA. „Nur so können zum Beispiel Transportkosten eingespart werden, die aktuell 50 Prozent der Ausgaben des Betriebs der Internationalen Raumstation ISS ausmachen. Wenn man eine Infrastruktur auf dem Mond betreiben würde, wären es sogar 70, 80 oder 90 Prozent der Kosten“, sagt Hufenbach. Daher sei es wichtig, Wege zu finden, um Baumaterialien, Sauerstoff, Wasser und vielleicht sogar Treibstoff aus den auf den Mond vorhandenen Rohstoffen zu gewinnen. Dazu könne die Arbeit des ESRIC einen entscheidenden Beitrag leisten.

Der Start des „Space Resources“-Innovationszentrums

Mathias Link, Sie werden ab sofort das European Space Resources Innovation Centre (ESRIC) leiten.

Warum wird zunächst ein Interimsdirektor ernannt?

Die Idee ist, dass wir sehr schnell vorankommen und die Arbeit aufnehmen können. Dann ist es gut, dass wir mit den Leuten starten, die schon da sind bei der LSA, der ESA und beim LIST und wir nicht sofort ein komplett neues Team aufbauen müssen. Ich habe das Projekt bei der LSA ja von Anfang an begleitet. Die Idee ist aber, auch parallel einen neuen Direktor zu suchen – spätestens für in zwei Jahren, idealerweise schon früher.

Was sind jetzt die ersten Schritte beim Aufbau des ESRIC?

Wir haben heute den wichtigen Vertrag unterschrieben, zwischen LSA, LIST und ESA. Und damit können wir jetzt wirklich loslegen. Natürlich müssen wir zunächst das Space Agency Team aufbauen. Das heißt, wir werden in den nächsten beiden Wochen wahrscheinlich um die zehn Positionen ausschreiben, sowohl für Forscher, aber auch Partnership-Officer und Inkubator-Manager.

Ihr Budget beläuft sich auf 20 Millionen Euro über drei Jahre. Wie wird das in erster Linie verwendet?

Zunächst vor allem für das Personal. Wir rechnen damit, dass wir innerhalb von drei Jahren zwischen 30 und 40 Mitarbeiter einstellen werden. Hinzu kommen die Investitionen in die Laborausstattung.

Warum dieser enge Fokus des Forschungszentrum auf ein so spezielles Feld wie Space Resources?

Wir wollten eine Konzentration auf das Thema, weil es bisher noch nicht genügend adressiert wird. Auf jeden Fall nicht in Europa und auch weltweit nicht. Hier kann Luxemburg eine Vorreiterrolle spielen. Das heißt natürlich auf keinen Fall, dass die anderen Aktivitäten der Weltallindustrie in Luxemburg vernachlässigt werden. Im Gegenteil hat die LSA weitere Prioritäten wie Satellitenkommunikation, die wir natürlich beibehalten.


THOMAS KLEIN

 

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