Schnell reagiert

Vor 30 Jahren: Erster Bericht über das Ozonloch alarmierte die Öffentlichkeit

Source : Lëtzebuerger Journal
Date de publication : 14/09/2015

 

Die Menschheit hatte Glück: Dank einer Verkettung günstiger Umstände schrammte die Welt knapp an einer Katastrophe vorbei. Vor 35 Jahren ahnte niemand, dass rund 20 Kilometer über dem Südpol Chemikalien die Ozonschicht zersetzten, die die Erde gegen die gefährliche UV-Strahlung abschirmt.

"Als Ozonschicht wird ein Bereich erhöhter Konzentration des Spurengases Ozon (03) in der Erdatmosphäre in einer Höhe zwischen 15 km und 30 km bezeichnet. Sie gilt als wichtige Schutzhülle der Erde, da, dort ein Großteil der gesundheitsschädlichen ultravioletten (UV) Strahlung der Sonne absorbiert wird", erklärt Dr. Jürgen Junk von der Umweltabteilung (ERIN) des "Luxembourg Institute for Science and Technology" (LIST).

"Die Ozonschicht wird durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) geschädigt, die als Treibgase, Kältemittel und Lösungsmittel verwendet wurden." Seit Anfang der 1980er konnte eine Abnahme der Ozonkonzentrationen in der Stratosphäre beobachtet werden. "Ein Forscherteam um den Engländer Joseph Farman konnte im Jahre 1985 eine drastische und fortschreitende Abnahme der Ozonschicht um bis zu 60 Prozent über der Antarktis nachweisen", erklärt Junk. "Dieses Phänomen ist als Ozonloch bekannt, wobei es sich jedoch um kein Loch im wörtlichen Sinne, sondern um eine lokale verringerte Ozonmassenkonzentration handelt." Dadurch könne vermehrt kurzweIliges UV-Licht ungefiltert auf die Erde gelangen, "was zu erhöhten Raten von Augen- und Hautschäden bis hin zu Hautkrebs führen kann".

Als die Forscher am 16. Mai 1985 in der Zeitschrift "Nature" schrieben: "Die jährliche Variation des Gesamtozons in Halley Bay hat sich dramatisch verändert", rüttelte das Fachwelt und Politik auf. "1985 dämmerte uns plötzlich, dass wir vor einer der größten Umweltentdeckungen des Jahrzehnts, vielleicht sogar des Jahrhunderts, standen", sagte Farman in einem Interview. Aber selbst Kritiker dachten, die Inhaltsstoffe würden flächendeckend rund um den Globus Schäden anrichten. Mit einem Ozonloch über der Antarktis rechnete niemand. "Das Überraschende war: Das Ozonloch entstand am Ende der Welt, wo keine FCKW frei wurden", sagt Gert König-Langlo vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), Leiter des meteorologischen Observatoriums der Antarktis-Station Neumayer III.

Dass sich das Ozonloch ausgerechnet über dem unbewohnten Teil des Planeten auftat, war Glück. Über bewohntem Gebiet hätte eine solche Ausdünnung der Schutzschicht Millionen Hautkrebs-Erkrankungen verursachen können. "Das Ozonloch bildete sich an der günstigsten Stelle", sagt Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut in Potsdam, der dem UN-Panel zum Status der Ozonschicht angehört.

"Auch in der Arktis wurde im Jahre 2011 erstmals ein Ozonloch, das vergleichbar mit dem in der Antarktis ist, beobachtet. Das Auftreten des arktischen Ozonlochs ist auch für unsere Breiten relevant, da im Spätwinter und Frühjahr arktische Luftmassen bis nach Mitteleuropa transportiert werden und wir zeitweise erhöhten UV-Dosen ausgesetzt sind", erklärt Junk. Erst gegen Mitte des Jahrhunderts sei mit einer Besserung zu rechnen.

Einschränkung des FCKW-Ausstoßes

Nach Bekanntwerden des Problems reagierte die internationale Gemeinschaft damals rasch: Zwei Jahre nach Farmans Bericht, am 16. September 1987, einigten sich fast 200 Staaten auf das Montreal-Protokoll, das 1989 in Kraft trat und den FCKW-Ausstoß zunächst einschränkte und durch Zusatzabkommen ab 1996 komplett verbot.

Damit war das Problem aber nicht aus der Welt. "Da FCKW s sehr langlebig sind, könnten sie noch Jahrzehnte nach ihrer Freisetzung Ozon in der Stratosphäre zerstören", sagt Junk, der darauf hinweist, dass die Ozonschicht weltweit kontinuierlich durch boden- und satellitengestützte Messungen überwacht wird. Ihr Maximum erreichte die FCKW-Konzentration um das Jahr 2000. Seitdem ist die Menge lediglich um etwa fünf Prozent gesunken. 2006 erreichte das Ozonloch die Rekordfläche von 27 Millionen Quadratkilometern - und war damit fast so groß wie Afrika Auch in anderen Regionen schrumpfte die Ozonschicht etwas, über Mitteleuropa um etwa fünf bis zehn Prozent, sagt Wolf gang Steinbrecht vom Deutschen Wetter-Dienst (DWD). Erst im September 2014 stellte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) fest, dass das Montrealer Abkommen ein Erfolg war.

Schließen wird sich das Ozonloch Prognosen zufolge um das Jahr 2070. Erst gegen Ende des Jahrhunderts wird die Atmosphäre wieder frei von FCKW sein.

Rowland und Molina erhielten für ihre Arbeiten 1995 den Nobelpreis für Chemie, zusammen mit dem Atmosphärenforscher Paul Crutzen, damals Leiter des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.

Ihre Forschung habe gezeigt, "dass die dünne Ozonschicht eine Achillesferse der Menschheit darstellt", so das Preiskomitee. Die Wissenschaftler hätten "dazu beigetragen, uns alle vor einem globalen Umweltproblem zu bewahren, das katastrophale Konsequenzen bekommen könnte". Die Vereinten Nationen schätzen, bis 2030 würden jährlich etwa zwei Millionen Menschen vor Hautkrebs bewahrt.

Positives Beispiel für schnelle und globale Reaktion

Experten betrachten das Ozonloch zudem als Beispiel dafür, dass die Menschheit durchaus schnell weltumspannend auf Bedrohungen reagieren kann. "Wenn der Mensch will, dann schafft er das auch", sagt König Langlo. Auch damals habe es geheißen, man könne nicht auf FCKW verzichten - ähnlich der heutigen Diskussion um das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). "Doch dann ging alles ganz schnell."

"Obwohl das Montrealer Protokoll als Erfolgsmodell für internationalen Umweltschutz gilt, sind die eingesetzten Alternativen zu den FCKWs oft Treibhausgase und tragen somit zur Klimaerwärmung bei", gibt Dr. Jürgen Junk vom LIST zu bedenken. "Deren Ausstoß in die Atmosphäre wird somit bei der anstehenden 21. UN-Klimakonferenz Ende des Jahres in Paris, an denen auch Wissenschaftler des Luxembourg Institut of Science and Technology (LIST) teilnehmen - ein Thema sein."

CB/DPA

 

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