Zoom extrem

Auch im Mikro- und Nano-Bereich wird in Luxemburg viel geforscht

Source : Lëtzebuerger Journal
Date de publication : 23/08/2019

 

„Daß ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält”, wünschte sich schon Goethes Faust. Knapp 200 Jahre später ist die Wissenschaft dieser Erkenntnis in Riesenschritten näher gekommen. 

Sie vermag heute nicht nur zu beobachten, was auf atomarer Ebene passiert, sondern auch das Millionstel eines Milliardstel eines Milliardstels eines Milliardstels Zentimeter zu messen die sogenannte „Planck-Länge" (10 hoch Minus 35). Was genau auf dieser unendlich kurzen Distanz passiert, in dem „Quantenschaum", dessen Nachweis noch erbracht werden muss, wissen wir zwar noch nicht, aber sicher wird auch das in den nächsten Jahren entschlüsselt werden. Der Vorstoß in extrem kleine Dimensionen hat es der Wissenschaft auch um die Jahrtausendwende erlaubt, das menschliche Erbgut komplett zu entschlüsseln. Die Baupläne des Lebens sind mittlerweile bekannt und erlauben völlig neue Erkenntnisse. 

Seit Jahren wird auch an winzigen Baustoffen geforscht, die es erlauben, anderen Stoffen durch Beschichtung gewisse Eigenschaften zu verleihen. 

Ein extrem spannendes Feld, auf dem am „Luxembourg Institute of Science and Technology"geforscht wird. Wobei die Teams aus der Nano-Einheit derzeit vor allem damit beschäftigt sind, im Rahmen eines von der Europäischen Weltraumagentur finanzierten Projekts Nano-Materialien zu entwickeln, die die Ansiedlung von Bakterien in Raumschiffen vermeiden und auch noch weniger toxisch sind als die bislang eingesetzten Beschichtungen. 

Wobei es nicht nur eine Herausforderung ist, solche unfassbar kleinen Materialien an sich zu entwickeln, sondern auch bessere und effizientere Herstellungsmethoden, respektive die Instrumente, mit denen sie auf Oberflächen aufgetragen werden können. Nicht ausgeschlossen, dass in wenigen Jahren Nano-Technologie aus Belval in Raumschiffen mitfliegen wird. Wobei eine große Herausforderung darin besteht, die Nano-Materialien in hinreichender Menge zu produzieren. Die Nachfrage ist auf jeden Fall heute bereits riesig. Das weiß auch OCSiAI, ein Unternehmen mit russischen Wurzeln, das in Differdingen im großen Maßstab Kohlenstoff-Nanoröhrchen herstellen will und bereits 2017 eine Investition von rund 100 Millionen Euro in Aussicht stellte. Die Verwirklichung des Projekts wird sich zwar um zwei Jahre verschieben, wie im Juli bekannt wurde, aber der Betrieb, der bereits 2012 sein Hauptquartier in Luxemburg aufgeschlagen hat, scheint an seinem Vorhaben festzuhalten. 

Die Röhrchen bestehen aus dem Wunderstoff Graphen, das erste und einzige Kohlenstoffprodukt, das es nur in der zweidimensionalen atomaren Anordnung gibt, ist ultradünn, hochstabil, elektrisch leitend und fast durchsichtig. Das Material könnte zahlreiche andere ersetzen und Produkte viel leichter und viel widerstandsfähiger machen. Nano-Materialien könnten unseren Alltag in Zukunft wesentlich verändern. Auch in der Medizin werden sie verstärkt in den Einsatz kommen. 

Aber man braucht nicht bis in die Nano-Welt abzutauchen, um spannende Forschungsgebiete im sehr Kleinen zu entdecken. Längst ist noch nicht umfassend geklärt, wie das Zusammenspiel von Kleinstorganismen und ihrer Umwelt funktioniert und wie sich die Mechanismen von Krankheiten wie Krebs oder Parkinson zugunsten der Betroffenen beeinflussen lassen. Die Forschung daran läuft auch in Luxemburg auf Hochtouren. 

CLAUDE KARGER

 

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