„Die Welt erstickt im CO2“

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Weltklimakonferenz in Paris fand gestern in der Chamber eine fünfstündige Orientierungsdebatte über die nationale Klima- und Energiepolitik statt. Der der Debatte zu Grunde liegende Bericht des parlamentarischen Klima- und Energieausschusses fand zwar nicht die gewünschte Zustimmung aller Parteien, aber im Kern war man sich einig, dass Luxemburg trotz guter Leistung weitere klimapolitische Anstrengungen unternehmen muss.

Source : Luxemburger Wort
Date de publication : 20/11/2015

 

Im Bereich Klima- und Energiepolitik hat Luxemburg Fortschritte gemacht und seine Ziele für den Zeitraum 2013-2014 erreicht. Einem Bericht des Statec zufolge lag der Anteil an erneuerbaren Energien mit 4,1 Prozent leicht über dem gesetzten Ziel von 3,9 Prozent. Das ist aber kein Grund, sich auf irgendwelchen Lorbeeren auszuruhen. Im Gegenteil. Luxemburg hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: 20 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005, elf Prozent erneuerbare Energien und eine Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent bis 2020.

„Die Welt erstickt im CO2“, sagte der grüne Berichterstatter Henri Kox gestern bei der Vorstellung des Klimaberichts. Tatsächlich ließ sich die Erderwärmung bis jetzt nicht aufhalten. 2015 wurde die Ein-Grad-Grenze überschritten. Ziel ist es, die Erderwärmung langfristig auf zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Im Kampf gegen den globalen Klimawandel muss auch Luxemburg weitere Anstrengungen unternehmen. Die Bereiche, in denen Handlungsbedarf besteht, sind vielfältig und wurden gestern von fast allen Sprechern hervorgehoben: Ausbau von erneuerbaren Energien, vor allem Wind- und Solarenergie, Ausbau des öffentlichen Transports, Elektromobilität, energieeffizientes Wohnen, regionale Lebensmittelproduktion und und und.

Wird nichts unternommen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren bzw. den Anteil an erneuerbaren Energien zu erhöhen, gerät Luxemburg ab 2016 in die rote Zone und muss wieder Emissionsrechte kaufen.

Erneuerbare Energien

Die Produktion von Strom und thermischer Energie aus erneuerbaren Energien ist in den Jahren 2013-2014 im Vergleich zum Zeitraum 2011-2012 um 25 bzw. 28 Prozent gestiegen. Die Regierung will diesen Bereich weiter ausbauen. Besonders vielversprechend sind die Windenergie und die Fotovoltaik. Die Regierung hat deshalb beschlossen, künftig auch größere Fotovoltaikanlagen zu fördern. Die Produktion von Windenergie wird Energieminister Etienne Schneider zufolge bis 2018 mehr als verdoppelt.

Viele Redner unterstrichen die Vorbildfunktion des Staates und der Gemeinden in Sachen Klimaschutz, z.B. bei der energetischen Sanierung der öffentlichen Gebäude oder der Anschaffung von E-Fahrzeugen. Als wichtiges Instrument wurde auch der Klimapakt mehrfach hervorgehoben, dem inzwischen 96 Gemeinden beigetreten sind, und den die Regierung auf die Betriebe erweitern möchte.

Umweltministerin Carole Dieschbourg unterstrich die Wichtigkeit einer kooperativen Klimapolitik, die nur dann Erfolg hat, wenn alle an einem Strang ziehen. Nach Ansicht des CSV-Abgeordneten und früheren Nachhaltigkeitsministers Marco Schank muss auch die Zivilgesellschaft in den Klimaschutz eingebunden werden. Ein Gesetzesvorschlag der CSV sieht die Schaffung eines nationalen Ausschusses für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz vor, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen dem Staat, den Gemeinden und den Organisationen der Zivilgesellschaft in Sachen Klimaschutz zu verbessern.

Klima-Empfehlungen

Nachfolgend eine Auswahl der 57 Empfehlungen, die die Kox-Kommission in ihrem Bericht festgehalten hat:
 
  • eine Strategie ausarbeiten, um die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu reduzieren
  • die Energiearmut bekämpfen, u. a. durch die Schaffung der Klimabank und Kurse für Sozialarbeiter, um sie mit der „précarité énergétique“ vertraut zu machen
  • auf das Freikaufen von CO2-Rechten im Rahmen der flexiblen Mechanismen verzichten, so wie es Umweltverbände seit Jahren fordern
  • auf internationaler Bühne für die Schaffung eines weltweiten CO2-Preises eintreten, der sämtliche Kostenfaktoren berücksichtigt
  • die Gemeinden unterstützen, damit sie Mobilitätskonzepte umsetzen
  • die Elektromobilität fördern und dem staatlichen Fuhrpark einen „grünen“ Anstrich verleihen
  • einen Klimapakt für die staatlichen Instanzen einführen
  • eine Beratungsstelle für Klein- und Mittelunternehmen schaffen
  • eine Kampagne lancieren, um die Wärmeproduktion aus erneuerbaren Energien zu fördern
  • die Zusammenarbeit mit dem List und der Universität fortführen und vertiefen
  • die Chancen der Landwirtschaft nutzen, sowohl bei der Erzeugung erneuerbarer Energie (Beispiel Biogas) als auch bei der Speicherung des klimaschädlichen CO2
  • die Besteuerung der Geschäftsfahrzeuge unter Berücksichtigung klimapolitischer Aspekte festlegen
  • die Gemeinden unterstützen, um einen Solarkataster anzulegen
  • Fonds anlegen, aus denen sich die Gemeinden bei größeren Energie- und Klimavorhaben bedienen können
  • die französischen und belgischen Instanzen überzeugen, ihre Atomanlagen in Cattenom, Doel und Tihange vom Netz zu nehmen
(mas)

MICHÈLE GANTENBEIN

 

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