„Es gibt Lösungen“

Bertrand Piccard über Innovation und Luxemburgs Rolle im Umweltschutz

Source : Luxemburger Wort
Date de publication : 17/11/2017

 

Der Schweizer Abenteurer Bertrand Piccard hat 2016 als erster Mensch mit einem Solarflugzeug die Erde umrundet. Bei der Weltklimakonferenz in Bonn moderierte er ein Forum über Vorreiter-Projekte beim Klimaschutz. Mit seiner „Alliance mondiale pour les technologies propres“ setzt sich der gelernte Psychiater nämlich für die Nutzung erneuerbarer Energien ein und fördert innovative Technologien, die auf Energieeffizienz setzen. Gestern traf Piccard auf seinen „alten Schulfreund“ Großherzog Henri, um über eben diese Lösungen zu plaudern. Anschließend stand er den Luxemburger Journalisten Rede und Antwort.

Herr Piccard, Sie sind bereits seit einigen Tagen in Bonn, haben auch bereits Foren moderiert. Uns würde eine erste Einschätzung interessieren? Welchen Nutzen hat eine Weltklimakonferenz wirklich?

Lösungen ... Probleme gibt es nämlich zuhauf, und das drückt natürlich auf die Stimmung. Nun ist es aber an der Zeit zu zeigen, dass es Lösungen für all diese Probleme gibt. In den Laboratorien, in den Start-ups, den Universitäten und den Unternehmen selbst. Nur werden diese nicht ausreichend genutzt, oder gar gefördert. Gerade dort soll unsere Allianz ansetzen: Wir wollen diese Lösungen aufgreifen und sie den Institutionen, Unternehmen und Regierungen anbieten. Zeigen, dass es weitaus mehr Möglichkeiten gibt, als man denkt, um die weltweiten Klimaziele zu erreichen. Mit der Konsequenz, dass wir diese Ziele noch etwas höher stecken können.

Können Sie uns Beispiele nennen?

Es gibt beispielsweise ein Projekt, um Hitze in Keramikblöcken zu speichern. Diese können wiederum in isolierten Containern über größere Strecken transportiert werden. So kann überschüssige Hitze an einer Stelle aufgefangen werden, um sie dorthin zu bringen, wo sie benötigt wird. Ein weiteres Projekt behandelt die Entsalzung des Meerwassers mit Wechselstrom aus der Solarenergie. So etwas wurde bisher noch nie versucht. Ganz besonders gut gefällt uns ein Gehäuse, das Abgase nutzt, um Wasserstoff zu erzeugen. Dieser wird zurück in den Antrieb geleitet, um bis zu 95 Prozent der Schadstoffe zu filtern. Dieses Gehäuse kann binnen einer Stunde installiert werden und reduziert den Treibstoffverbrauch um bis zu 50 Prozent! Solche Projekte sind rentabel und schaffen zusätzlich neue Arbeitsplätze. Die Unternehmen entwickeln sich und schützen gleichzeitig die Umwelt. Das beweist: Profit und Umweltschutz sind durchaus kompatibel.

Was ist die Rolle Ihrer Allianz in diesem Gefüge?

Unsere Allianz hat 462 Mitglieder, die inzwischen rund 500 sogenannte Lösungen anbieten. Unser Ziel ist es, auf tausend dieser Lösungen zu kommen, diese dann von Experten validieren zu lassen, um sie anschließend Investoren oder Regierungen anzubieten.

Gibt es denn überhaupt ein Interesse seitens der Investoren?

Auf jeden Fall! Sogar der Weltbank stehen ungeheure Summen zur Verfügung, um in solche Projekte zu investieren. Allerdings fehlt es bislang an spruchreifen Lösungen. Unser Ziel ist es, eine Schatztruhe an Lösungen zu schaffen, die wir kostenlos den Unternehmen oder Investoren zur Verfügung stellen.

Und wie passt Luxemburg in diese Pläne?

Wissen Sie, Luxemburg hat es immer wieder geschafft, sich umzustellen und zu innovieren. Das Großherzogtum hat sich nicht nur vom Eisenerz und Bergbau losgelöst, sondern nun auch von der traditionelleren Finanz. Und wir reden hier von Bereichen, die Luxemburg überhaupt zu seinem Reichtum verholfen haben. Jetzt aber geht das Land noch einen Schritt weiter, mit neuen Finanzprodukten im Bereich der grünen Wirtschaft. Luxemburg ist inzwischen Marktführer in dieser Branche. In dem Zusammenhang muss ich auch ans „Luxembourg Institute of Science and Technology“. Mit dem List verhandeln wir derzeit über eine Zusammenarbeit, von der unsere Lösungen profitieren können.

Wie könnte diese Zusammenarbeit aussehen?

Das List könnte der Allianz helfen, die Lösungen spruchreif zu machen. Die Projekte unserer Mitglieder sind oft vielversprechend, allerdings müssen sie auch glaubwürdig sein. Wir brauchen demnach Experten, die sichergehen, dass die Lösungen wissenschaftlich und wirtschaftlich umgesetzt werden können. Eine unabhängige Expertise verleiht den Projekten eine gewisse Glaubwürdigkeit.

Sie nennen Großherzog Henri ihren treuen Freund. Nun ist der Luxemburger Staatschef ein überzeugter Umweltschützer. Welche Rolle kann er übernehmen?

Großherzog Henri steht für Kontinuität, für Visionen. Er steht über den Parteien und den Gräben zwischen Wirtschaft und Umweltschutz. Er ist demnach ein wichtiges Bindeglied zwischen den verschiedenen Parteien. Ich kenne Großherzog Henri seit Jahrzehnten, er ist sozusagen ein alter Schulfreund. Ich kenne seine Werte, schätze seine intellektuelle Ehrlichkeit. Wenn Großherzog Henri mit seinem Tesla nach Bonn fährt, dann nur, weil er auch hundertprozentig davon überzeugt ist, dass das inzwischen so sein soll. Er verhilft Luxemburg zu einem Bewusstsein, das es vielen Investoren und Unternehmen erlaubt, einen Schritt weiter zu gehen.

VON ERIC HAMUS (BONN)

 

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