Glücksindex und Lebenszyklus

„Conseil supérieur pour un développement durable“ präsentiert Ideen. Vor den Wahlen stellt der Nachhaltigkeitsrat seine Anregungen vor. Die Themen reichen von Klima bis hin zur Bildung.

Source : Tageblatt
Date de publication : 21/02/2018

Keine Polemik starten, sondern den Parteien Ideen mit auf den Weg geben, will der „Conseil supérieur pour un développement durable“ (CSDD/„Nohaltegkeetsrot“) mit seinem Bericht – einem 592 Seiten starken Konvolut, das eine ganze Palette von Themen, von Klimaschutz bis Bildung, anschneidet. Der Rat präsentierte seine Ansichten gestern bei einem Treffen mit der Presse und Vertretern der Parteien.

Die Politik müsse kohärent werden, wünscht sich der CSDD und sieht die Verantwortung dafür beim Staatsministerium. Dieses müsse darauf achten, dass die politischen Entscheidungen der einzelnen Ministerien nicht im Widerspruch zueinander stehen. Der Rat nennt als Beispiel etwa die Agrarpolitik, die einheimische Produkte subventioniere und ausländische Märkte mit Billigprodukten überflute und damit der Entwicklungspolitik entgegenläuft. Auch gelte es, nicht nur die wirtschaftlichen Aspekte einer Investition zu betrachten.

In einem weiteren Punkt vertritt der Rat die Meinung, dass alternative Indikatoren zum Bruttoinlandsprodukt, wie der vom Nachhaltigkeitsrat zusammen mit dem Wirtschafts- und Sozialrat entwickelte Glücksindex („PI-Bien-être“) oder der im Regierungsprogramm festgeschriebene Nachhaltigkeitscheck, endlich angewendet werden sollen.

Der Rat wünscht sich weiter ein grundsätzliches Umdenken in der Gesellschaft. Den ökologischen Fußabdruck zu verringern, sei keine Sache des Verzichtens, erklärt der Rat. Stichwort: „Suffizienz“. Es ginge nicht darum, sich einzuschränken, sondern zum Beispiel kaputte Produkte zu reparieren oder Urlaub in der Region zu machen, anstatt um den halben Planeten zu fliegen.

Eine naturwissenschaftliche Sicht präsentierte gestern Ratsmitglied Jean Lamesch. Fragen wie die, ob es nachhaltiger sei, alte Bäume, die einer Baustelle zum Opfer fallen sollen, umzupflanzen oder neue Bäume zu pflanzen oder ob es besser für das Klima sei, Äpfel von weit her zu importieren als einheimische Äpfel den ganzen Winter zu kühlen, ließen sich wissenschaftlich sehr schnell klären. Dieses Prinzip wird Lebenszyklusanalyse genannt. Das Forschungsinstitut LIST habe in dieser Hinsicht zwei Studien im Auftrag der Regierung durchgeführt. Das Institut mache zudem viele Lebens zyklusanalysen für Unternehmen aus dem Ausland. Der Nachhaltigkeitsrat wünscht sich, dass diese Art von Analyse öfter als Hilfe für Regierungsentscheidungen genutzt werden würde. Ohne eine wissenschaftliche Analyse befinde man sich in einem Blindflug und müsse auf Annahmen vertrauen, die eben genau das sind: bloße Annahmen.

Immer wieder betont der Rat, dass es hierbei um die zukünftigen Generationen gehe. Auf Nachfrage hin gesteht Präsident Francis Schartz, man sei sich des Problems bewusst, dass keine jungen Menschen im Rat vertreten sind. Man habe sich die Zeit für ein ausgiebiges Gespräch mit einer Gruppe von Jugendlichen genommen. Die Idee, eine Jugendversion des Rates zu gründen, stehe im Raum.

Beim Thema Bildung unterstreicht Präsident Schartz die Bedeutung der englischen Sprache (vielleicht auch der chinesischen) und des systemischen Denkens. Nicht nachhaltig findet der „Nohaltegkeetsrot“ das Luxemburger Pensionssystem. Dieses müsse im Rahmen der Nachhaltigkeit, der Gleichheit, Solidarität und Transparenz überdacht werden. Es könne nicht sein, dass selbst Experten bis zum Zeitpunkt der Rente nicht ausrechnen können, wie viel Rente eine Person erhalten wird.

Der Rat, der laut Gesetz dem Ministerium für Nachhaltige Entwicklung unterstellt ist, setzt sich zusammen aus 15 Personen mit unterschiedlichem Hintergrund: Pädagogen, Geschäftsleuten, Naturwissenschaftlern usw.

Bei der Präsentation der „Ideen“ waren im Übrigen Vertreter der Parteien CSV, „déi gréng“, ADR, „déi Lénk“ und LSAP anwesend. Die DP ließ sich entschuldigen.

Yves Greis

 

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