Das Luxembourg Institute of Science & Technology (LIST) beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit Methoden der Fernerkundung (auf Englisch "Remote Sensing").
Source : De Letzeburger Bauer
Date de publication : 06/11/2015
Diese Verfahren basieren auf der Messung reflektierter und emittierter elektromagnetischer Strahlung in verschiedenen Wellenlängenbereichen. Reflexion und Emission elektromagnetischer Strahlung sind charakteristisch für die chemische Zusammensetzung und Physiologie der Pflanze und können somit Aufschluß über deren Zustand und Vitalität geben. Die spektralen Informationen sind sensitiver im Vergleich zu visuellen Beobachtungen, da sie Veränderungen aufzeigen können, bevor diese mit dem menschlichen Auge wahrgenommen werden. Dadurch kënnen Streß und Schäden an Pflanzen deutlich früher erkannt werden.
Während man im letzten Jahr am LIST einen Forschungsschwerpunkt auf den Trockenstreß bei Saatkartoffeln gelegt hatte, steht nun der Winterraps im Vordergrund der Untersuchung.
"Raps ist eine wichtige, aber auch kostenintensive Kultur im Luxemburger Ackerbau", weiß der Agrarwissenschaftler Dr. Michael Eickermann zu berichten, "deswegen ist es wichtig, den Rapsanbau nachhaltiger zu gestalten. Precison Farming ist da der Königsweg."
Ein Team von Wissenschaftlern hat daher einen Versuch konzipiert, bei dem mit Hilfe von fernerkundlichen Messungen sowohl Trockenstreß als auch Auswirkungen von Schadinsektenbefall an jungen Rapspflanzen detektiert und bewertet werden können. Die jungen Pflanzen werden dabei verschiedenen Trockenstreß-Szenarien ausgesetzt. Zusätzlich werden Varianten künstlich mit den Rapsschädlingen Kohlmotte und kleiner Kohlfliege besiedelt. Eine Kontrollvariante soll dem Vergleich zu den verschiedenen Schadfaktoren dienen.
Der Dipl.-Umweltwissenschaftler Franz Kai Ronellenfitsch ist für die Meßtechnik der Thermalaufnahmen zuständig und beschreibt das Verfahren: "Wir verwenden neben der seit vielen Jahren gebräuchlichen Reflexionsmessung auf Blatt- und Bestandsebene ein neues bildgebendes Verfahren mit einer hochauflösenden Thermalkamera ("Hyper-Cam LW" des kanadischen Herstellers Telops), die speziell auf unsere Bedürfnisse angepaßt wurde". Ronellenfitsch führt weiter aus, daß sich mit diesem System bereits sehr kleine Temperaturunterschiede der Blattoberfläche einzelner Pflanzen erkennen lassen, die im direkten Zusammenhang mit Wassermangel oder Schädlingsbefall stehen. "Das am LIST im Einsatz befindliche System kann zudem an Bord eines speziellen Forschungsflugzeugs eingesetzt werden und ermöglicht so je nach Flughöhe und Geschwindigkeit die Temperaturunterschiede bei Objekten von rund einem Meter Größe für größere Gebiete zu erkennen", erklärt Ronellenfitsch.
Dr. Miriam Machwitz kennt die Vorzüge des verwendeten Systems und erläutert: "Im Vergleich zu den hyperspektralen Thermalaufnahmen ist die Messung von Reflexionsspektren im Sichtbaren und nahen Infrarot-Bereich deutlich günstiger und etablierter. Diese Daten sind mit weniger Kanälen auch als Satellitenbilder verfügbar und bieten daher die Möglichkeit, das Verfahren auf große Flächen zu übertragen. Hier werden weniger Transpiration und Temperatur von den Pflanzen ermittelt, sondern deren Physiologie und Blattchemie".
Momentan verwende man eine stationäre Meßtechnik, aber der Einsatz von drohnengestützten Systemen sei fur das kommende Jahr geplant. Flugzeuggestützte Untersuchungen während der letzten drei Jahre ließen das Potential der verwendeten Meßtechnik erkennen, betont Dr. Machwitz.
Projektleiter Dr. Martin Schlerf unterstreicht die Kooperation innerhalb des Projektes: "Wir arbeiten mit vielen Fachkompetenzen zusammen, vom Pflanzenschützer bis zum Klimatologen." Auf diese Weise sei eine konsequente Weiterentwicklung der Methodik und eine praxisrelevante Anwendung der Fernerkundung gewährleistet, Dr. Schlerf ergänzt: "Unsere Forschung zielt unter anderem auch auf die praktische Anwendung. Wir entwickeln wissenschaftlich fundierte Techniken, die dann von der Privatwirtschaft als Service angeboten werden können." Deswegen arbeite man auch eng mit der Firma Geocoptix aus Trier zusammen, die bereits Servicepakete für landwirtschaftliche Messungen anbiete und ihr Angebot weiter ausbauen wolle.