Raps - eine Kultur von gestern oder eine Ölpflanze mit Zukunft?

Die ordentliche Generalversammlung 2015 des Fördervereins Integrierte Landbewirtschaftung Luxemburg stand ganz im Zei­chen des Wasserschutzes. In diesem Zusammenhang stellte die Vereinigung ihr neues Pilotprojekt zum Thema effiziente Fruchtfolgen und Wasserschutz vor.

Source : De Letzeburger Bauer
Date de publication : 22/05/2015

 

In der Ackerbauschule in Ettelbrück fand in Anwesenheit von Landwirtschaftsminister Fernand Etgen die Generalversammlung 2015 des Fördervereins Integrierte Landbewirtschaftung Luxemburg (FILL) statt. Somit stand die ordentliche Generalversammlung der FILL in diesem Jahr ganz im Zeichen des Wasserschutzes. Im gleichen Atemzug stellte die FILL ihr neues Pilotprojekt zum Thema effiziente Fruchtfolgen und Wasser­ schutz vor.

Bereits letztes Jahr hatte sich die FILL im Rahmen ihrer Generalversammlung mit dem Thema Wasserschutz beschäftigt. "Die Auflagen in den zukünftigen Wasserschutzgebieten in Luxemburg" lautete damals der Titel des Referats von Guy Steichen von der Landwirtschaftskammer, der auch in diesem Jahr Rede und Antwort zur wohl größten Herausforderung unserer Landwirtschaft stand: Wasser- und Ressourcenschutz in Einklang mit einer wettbewerbsfähigen Nahrungsmittelproduktion zu bringen.

"Seit dem Unfall am Stausee am 17. September 2014 sind Wasserschutz und Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln in aller Munde", so FILL-Präsident Nico Kass in seiner Ansprache. Der Präsident unterstrich dabei die Bedeutung ausgewogener Fruchtfolgen als wichtiges Instrument der integrierten Landwirtschaft und als unverzichtbare Voraussetzung für einen langfristig erfolgreichen, gewinnbringenden und ökologisch verantwortungsvollen Anbau. Genau mit diesem Instrument beschäftige sich das neue FILL-­Projekt "Effiziente Fruchtfolgen - ein Lösungsansatz für einen verbesserten Wasserschutz und mehr Biodiversität in der luxemburgischen Landwirtschaft". Die FILL reagiere damit auf den Vorfall im Stauseegebiet und die daraufhin nachgewiesenen Verunreinigungen des Grundwassers durch Abbauprodukte. Der FILL sei es mit dieser Initiative daran gelegen, auf konstruktive Art und Weise nach Lösungsansätzen zu suchen und einen konkreten Beitrag zu Wasser- und Bodenschutz sowie zum Erhalten und Verstärken der Biodiversität zu leisten.

Er rief den anwesenden Landwirtschaftsminister auf, die FILL bei dieser Initiative tatkräftig zu unterstützen. Vor allem brauche die FILL neben der finanziellen Unterstützung durch das Landwirtschafts-, das Nachhaltigkeits- sowie das Forschungsministerium eine Sonderbewilligung, um in den ausgewählten Wasserschutzgebieten auf jeweils einer Vergleichsparzelle Metazachlor ausbringen zu dürfen, damit aus dem Projekt wissenschaftlich fundierte Ergebnisse hervorgehen können.

Im Anschluß an die Begrüßung von Nico Kass ging FILL-Sekretär Marc Fiedler auf die Tätigkeiten des Fördervereins im Laufe des Jahres 2014 ein. Marc Fiedler unterstrich die Bedeutung der FILL als spartenübergreifende, politisch neutrale Organisation im Dienste der integrierten Landwirtschaft. 2014 zählte die FILL 24 Organisationen, Dienststellen und Einzelunternehmen aus Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau.

Der FILL-Sekretär setzte die Generalversammlung über den derzeitigen Stand der einzelnen Projekte in Kenntnis: das von Convis betreute Beratungsprojekt "Opti-Gras", bei welchem sich mittlerweile 32 Agrar­ betriebe, darunter 13 intensiv betreute Weidebetriebe, beteiligen, das Bodenschutzprojekt, das sich als Folgeprojekt des Mulchsaat-Projekts noch in Ausarbeitung befindet, über dessen Finanzierung allerdings schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden muß, sowie das neue Projekt "AutoGrassMilk", zu weichem FILL-Vizepräsident Henri Kohnen weitere Ausführungen gab. Beim Projekt "AutoGrassMilk" handelt es sich um ein europäisches FP7-Projekt, in dessen Rahmen ein Forschungsnetzwerk zwischen den Ländern Irland, Belgien, Frankreich, die Niederlande, Dänemark, Schweden aufgebaut wurde. Im November 2013 wurde auch Luxemburg kooptiert, im Hinblick auf den späteren Erwerb der Voll mitgliedschaft. Bei dem Forschungsprojekt geht es darum, die Vereinbarkeit zwischen automatisierter Melktechnik (Melkroboter) und Weidegang in bezug auf Aspekte wie Fütterungstechnik, Herden­management oder Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Diesbezügliche Schlüsselelemente sind etwa die Position des Roboters im Stall, die angelegten Weidewege, welche die Tiere zwischen Roboter und Grünlandparzelle barrierefrei benutzen sollen, und die Parzelleneinteilung, um eine möglichst effiziente Futteraufnahme zu gewährleisten. In Luxemburg wird dies jetzt schon auf vier Pilotbetrieben in Angriff genommen. Das Projekt wird vom Landwirtschaftsministerium unterstützt und soll ab 2016 in seine zweite Phase gehen.

Nach dem Finanzbericht des Kassenwarts Leon Wietor sprach Guy Steichen in seinem Referat über die aktuelle Wasserschutzproblematik und die Potentiale des Rapsanbaus in Luxemburg. Ende letzten Jahres wurden im Rahmen von Untersuchungen des Grund- und Trinkwassers vermehrt Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und deren Abbauprodukte (Metaboliten) nachgewiesen. Wäh­ rend in der Vergangenheit vorrangig Atrazin und dessen Abbauprodukte im Fokus standen, kommen mittlerweile aber auch vermehrt eine Reihe anderer Wirkstoffe bzw. deren Abbauprodukte wie Metolachlor-ESA, Metolachlor-OXA, Metazachlor­ ESA, Metazachlor-OXA oder Bentazon vor. Insbesondere Wirkstoffe, die im Mais und im Raps eingesetzt werden, vor allem Metazachlor, gelten als problematisch und trinkwasser­ gefährdend. Seit Jahren empfiehlt die Landwirtschaftskammer den Landwirten, die Flächen in Trinkwasser­Schutzgebieten bewirtschaften, freiwillig auf den Einsatz von problematischen Pflanzenschutzmittelwirkstoffen zu verzichten. Nichts­ destoweniger gibt es ganz besonders auch in Wasserschutzgebieten Sandstein-Plateaus, die sich für den Anbau von Raps sehr gut eignen. Dieser Anbau aber ist mit dem im Februar in Kraft getretenen Anwen­dungsverbot von Metazachlor in pro­ visorisch und definitiv ausgewiesenen Wasserschutzgebieten sowie im Einzugsgebiet der Obersauer Talsperre infragegestellt.

Wahre Alternativen zu Metazachlor­Produkten haben sich bis dato aufgrund eher mäßiger Erfolge kaum durchgesetzt. Dennoch ist der Raps eine Kultur, der man auch in Zukunft Aufmerksamkeit schenken sollte, und zwar nicht nur außerhalb der Wasserschutzgebiete. Die Ölpflanze spielt nämlich eine eminent wichtige Rolle in den Fruchtfolgen und in unserer Kulturlandschaft. Trotz seines Pflanzenschutzmittelbedarfs weist die Kultur unbestreitbare Vorzüge auf, aus agronomischer Sicht wie auch aus dem Blickwinkel der Biodiversität. Für die Honigbienen beispielsweise ist die Rapsblüte eine wichtige Trachtquelle. Für den Getreideerzeuger ist die Fruchtfolge mit Winterraps nach wie vor eines der effektivsten Werkzeuge für ertragssichere Getreidefruchtfolgen. Zudem leistet die Rapskultur einen wertvollen Beitrag zu einer ausgeglichenen Stickstoffbilanz.

Um zu gewährleisten, daß es sich beim Raps um eine Kulturpflanze mit Zukunft handelt und einen aktiven Beitrag zum Schutz der Ressource Wasser zu leisten, wird die FILL zusammen mit den genannten drei Ministerien, dem LTA und dem LIST (Luxembourg Institute of Science and Technology) untersuchen, inwiefern "Fruchtfolgen der Zukunft" aufgestellt werden können. Neben dem Schutz des Trinkwassers sind eben­ falls die Vorbeugung gegen Erosion und der Schutz und Erhalt der Biodiversität Ziele des Projekts.

Wie im integrierten Pflanzenbau überhaupt, ist auch hier die Standort-spezifizität des Anbaus von Pflanzenkulturen einer der zentralen Pfeiler des Projekts. Die Feldversuche werden auf drei bis vier Standorten durchgeführt, die in ihrer Beschaffenheit grundverschieden sind, jedoch alle in Wasserschutzgebieten bzw. in sensiblen Zonen liegen.

Beispiele von Standorten mit unterschiedlichen Bodenarten wären:

- das Einzugsgebiet des Stausees,

- ein oder zwei klassische Raps-Anbaugebiete,

- die LTA-Versuchsfelder in Bettendorf.

Auf jedem der Standorte werden zwei verschiedene Versuchsparzellen angelegt, auf welchen jeweils über fünf Jahre zwei verschiedene Fruchtfolgen eingesät werden: eine klassisch gegliederte Variante mit Raps als festem Bestandteil, sowie eine Variante ohne Raps. Auf Grund der Erfahrungen soll ermittelt werden, inwiefern die Substitution der Raps-Kultur eine Option darstellt.

Neben den 5-jährigen Fruchtfolgen werden auf jedem der Standorte Parzellen eingesät, auf denen einzelne Fruchtfolgeelemente näher untersucht werden (Konventioneller Anbau, Variante ohne Metazachlor, Anbaustreifen, Mischsaaten, mechanische Bearbeitung, Öllein als Alternative zum Raps). Diese Elemente sollen Optionen zur Diversifizierung der Fruchtfolgen liefern. Eine solche, sich nicht einzig und allein auf 5-jährige Fruchtfolgen basierende Herangehensweise ermöglicht, in der Projektlaufzeit eine wesentlich größere Vielfalt von Aspekten unter die Lupe zu nehmen. Ziel ist es, diese Aspekte zu beurteilen, damit sie die Landwirte später gezielt in die Fruchtfolgen einbauen können, um somit einen Beitrag zu Wasser- und Bodenschutz, sowie zum Erhalt und Ausbau der Biodiversität zu leisten. Aktuell recherchiert das LIST (Luxembourg Institute of Science and Technology) bereits im Rahmen einer Literatur­studie über Referenzen und Erfahrungen im Ausland. Erste Ergebnisse werden im Herbst dieses Jahres erwartet.

Nach der Vorstellung des Projekts durch Guy Steichen bedankte sich Landwirtschaftsminister Fernand Etgen bei der FILL für deren Einsatz für eine nachhaltige Landwirtschaft. Er sicherte der FILL die Unterstützung seines Ministeriums sowohl im Hinblick auf das Fruchtfolgeprojekt als auch auf das Folgeprojekt von "AutoGrassMilk" zu, sowie seine Fürsprache bei der Umweltministerin in Sachen Sondergenehmigung in bezug auf die Kontrollparzellen im Fruchtfolgeprojekt. Das Schlußwort sprach FILL-Vizepräsident Henri Kohnen.

FILL

 

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