Eine ungewöhnliche Rapssaison geht zu Ende: Sonnenschein zu Weih nachten, Frostschäden zur Blüte und Regen ohne Ende. Grund genug, eine Bilanz zu ziehen.
Source : De Letzeburger Bauer
Date de publication : 02/09/2016
Meteorologische Situation
Abbildung 1 gibt eine Übersicht über den Verlauf der Tagesmitteltemperatur des Rapsjahres 2015/16 (rote Linie) im Vergleich zum langjährigen Mittel von 2001-2010 (blaue Linie). Die graue Schraffur kennzeichnet die Spannbreite (Minimal- und Maxi maltemperaturen von 2001-2010). Es wird deutlich, daß die Monate August und September jeweils zu Monatsbeginn deutlich wärmer waren als das langjährige Mittel. Dadurch erklären sich die guten Saatbedingungen für den Raps. Auch im Verlauf des Jahres überwogen im langjährigen Mittel die warmen Monate (Dezember und Februar). Entgegen dem allgemeinen, subjektiven Empfinden war das Frühjahr deutlich wärmer als die Vergleichsperiode 2001-2010. Lediglich Ende April gab es eine kurze Periode mit Spätfrost.
In der Abbildung 2 sind die kumulierten (= aufsummierten) Niederschläge für die Rapssaison 2015/16 im Vergleich dargestellt. Auffällig sind hierbei die starken Niederschläge ab Mitte September 2015, sowie der Beginn der Sintflut ab Anfang Juni 2016. Von den absoluten Niederschlagssummen waren aber die Rapsjahre 2000/01 und 2006/07 deutlich nasser als die vergangene Saison.
Der Raps im Herbst 2015
Das Gros der Rapsschläge wurde in der letzten August-Dekade gedrillt. Bedingt durch die sonnig-warmen Wetterbedingungen waren aber auch Aussaaten bis in die erste Septemberwoche zu beobachten. Aufgrund der frühen Saat und der guten Wuchsbedingungen mußte an der Mosel, im Minett und im Gutland zweimal im Herbst gekürzt werden. Die Niederschläge Mitte September in Verbindung mit den Lufttemperaturen von bis zu 15°C waren die Initialzündung für Phoma-Infektionen, die ab dem 29. September zunächst an der Mosel, später landesweit zu finden waren. 2015 war ein Phoma-Jahr. Recht schnell konnte dann auch Pyknidienbildung an den Blättern festgestellt werden. Falscher Mehltau war im September aufgrund der Trockenheit bis Monatsmitte nur an sehr wenigen Standorten zu beobachten.
Diese Krankheit war nicht ertragsrelevant.
Der Rapserdfloh trat relativ früh in der Saison auf. Bereits in der ersten September-Dekade waren erhöhte Fraß-Schäden in Oberkorn zu beobachten, die jedoch zunächst unterhalb der Schadensschwelle (10% der Blattfläche zerstört) blieben. Ab dem 20. September wurde schließlich der Bekämpfungsrichtwert an der Mosel auf vielen Schlägen erreicht, bzw. knapp erreicht. Allerdings trat der Rapserdfloh in geringerer Anzahl auf, als man nach dem warmen Sommer 2015 vermuten konnte. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß seit dem Teilverbot der Neonikotinoid-Beizen im Raps die Zahl der Insektizidbehandlungen im Herbst gestiegen ist (von Null Applikationen auf eine separate Spritzung im Herbst). Insbesondere Regionen mit hoher Rapsdichte haben mit dem Rapserdfloh vermehrt Probleme. Im Ösling kommen noch die Kohlerdflöhe dazu, so daß sich oft Mischbefall zeigt.
Die Kleine Kohlfliege war eher in den Pflugsaaten auf sandigen Böden ein größeres Problem, beispielsweise am Standort Hobscheid, wo ganze Pflanzen zerstört wurden.
Entgegen der Erwartungen traten die Ackerschnecken in höherer Zahl auf. Eigentlich war der Sommer zu trocken gewesen, aber offenbar fanden sich in den Mulchsaaten doch genügend Rückzugsgebiete für die Schnecken. Auch von einem starken Auftreten der Feldmäuse konnte man sich überzeugen, insbesondere in den Rapsschlägen mit einer üppigen Saumkultur. Einzelne Bonituren, z.B. an der Mosel, ergaben etwa 80 Individuen pro Hektar.
Der Raps im Frühjahr 2016
Die hohen Temperaturen im Dezember 2015 und Februar 2016 führten dazu, daß die Rapsschädlinge in ihrem Überwinterungshabitat (die Streuschicht der Waldränder) aktiv waren und dabei ihre eingelagerten Nahrungsressourcen (den "Winterspeck") verbrauchten und verhungerten. Als Folge war das Frühjahr 2016 insgesamt von einem minimalen Befall durch Rapsschädlinge gekennzeichnet.
Die hohen Wintertemperaturen resultierten zunächst in sehr ungleichmäßigen Rapsbeständen. Teilweise waren die Entwicklungsvorsprünge einzelner Teilflächen in den Schlägen gut zu beobachten, z.B. an sorinenexponierten Feldrändern. Im Gegenzug war die Auswinterung mit ca. 5% sehr gering. Während Anfang März noch eine leichte Schneedecke im Ösling auf dem Raps zu finden war, zeigte sich an der Mosel schon deutliches Längenwachstum (bis zu 4 Internodien). Zum 10. März setzte an der Mosel erster Zuflug der Stengelrüßler ein, bis zum 17. März waren landesweit diese Schädlinge in den Gelbschalen zu finden. Die am LIST entwickelten Prognosemodelle sagten voraus, daß der Befallsdruck des Gefleckten Kohltriebrüßlers gering bleiben würde. Tatsächlich fanden sich an den acht Monitoringstandorten deutlich weniger Indivdiuen als in den Vorjahren. Eine Ausnahme stellte Burmerange dar. Hier mußte bei hohem Druck, der offenbar der hohen Anbaudichte der Region geschuldet war, chemisch bekämpft werden.
Die Rapsglanzkäfer starteten früh am 17. März. Bis Anfang April blieb der Befall unterhalb des Bekämpfungsrichtwertes von 4 bis 6 Käfern pro Haupttrieb. Der Temperaturrückgang ab dem 5. April, verbunden mit Niederschlägen, hat die Aktivität der Glanzkäfer und damit ihr Schadpotential vermindert. Auch die Befahrbarkeit war Anfang April nicht auf allen Schlägen gegeben. Eine Bekämpfung blieb daher aus. Die Wetteraufbesserung brachte zwar neuen Schädlingsdruck, aber auch die ersten offenen Blüten ab dem 11. April, so daß eine chemische Bekämpfung unterblieb. Insgesamt war 2016 kein Glanzkäfer-Jahr.
Etwas ungewöhnlich war der späte Frost (mit Schneeregen) um den 24. April, der bei einigen offenen Rapsblüten zur Sterilität geführt hat (kein Schotenansatz trotz Bestäubung in einzelnen Schoten-Etagen). Einige Haupttriebe zeigten leichte Verdrehungen aufgrund der niedrigen Temperaturen.
Erste Kohlschotenfüßler fanden sich relativ spät in der Saison ab dem 2l. April, als der Raps - bis auf das Ösling - schon deutlich in Blüte war. Das Aufkommen des Kohlschotenrüßlers war mit Ausnahme des Standortes Oberkorn so gering, daß vielerorts nicht bekämpft werden mußte. Die Bienen hat es gefreut! Kohlschotenmücken traten erst ab dem 6. Mai auf. Auch dieser Schädling erreichte in der Saison nicht sein volles Potential, so daß auch hier eine Bekämpfung nicht notwendig war.
Es läßt sich festhalten, daß der Schädlingsdruck insgesamt, wie bereits im letzten Februar vorausgesagt, landesweit sehr gering war. An vielen Standorten genügte eine einzelne Insektizidspritzung, einige Schläge wurden auch gar nicht im Frühjahr behandelt. Auffällig war, daß der jeweils zu bekämpfende Problemschädling regional stark variierte. In Oberkorn waren es die Schotenschädlinge (2 bis 3 pro Haupttriebl), die bekämpfungsrelevant waren. An der Mosel standen die Stengelschädlinge im Fokus der Bekämpfung (20 Individuen pro Gelbschale innerhalb von 3 Tagen). Und der Rapsglanzkäfer, der eigentlich der Kardinalschädling im Raps ist, mußte vielfach nicht bekämpft werden, da er unterhalb der Schadensschwelle blieb, bzw. bei Erreichen des Schwellenwertes die Rapsbestände kurz vor der Blüte standen und sich aus Bienenschutzgründen eine Bekämpfung verbat.
Insektizidapplikationen einen Tag vor Blühbeginn sind nicht wirtschaftlich, denn sobald die ersten Blüten auf sind, besitzt der Rapsglanzkäfer kein Schadpotential mehr, da er an den Pollen der offenen Blüten gelangen kann.
Etwas kritischer stellte sich die Situation bei der Weißstengeligkeit dar. Eine hohe Bodenfeuchte in Verbindung mit hohen Bodentemperaturen im März/April 2016 sorgten für eine gute Keimung der Sklerotien (Dauerfruchtkörper). Die Niederschläge während der Vollblüte in der ersten Mai-Dekade (Mosel, Minett, Gutland), bzw. dritte Mai-Dekade (Ösling) sorgten für günstige Infektionsbedingungen im Bestand durch die Ascosporen. Eine Warnung erging im Rahmen des SENTINELLE-Bulletins Ende April. Unbehandelte Schläge zeigten mittlere Befallshäufigkeiten von 35%. Die selbsternannten Experten, die bei der Vollblütenbehandlung gerne von unnötiger Prophylaxe fabulieren, wurden dieses Jahr eines besseren belehrt!
Was bleibt?
Als Fazit kann man festhalten: wer seinen Bestand im Herbst im Griff hatte, also auf Bestandsdichte und eine gute Unkrautbekämpfung geachtet und auf die Weißstengeligkeitsbekämpfung zur Vollblüte im Mai gesetzt hatte, wurde durch den Winterraps nicht ganz enttäuscht und konnte immerhin Erträge von bis zu 40 dt/ha einfahren-angesichts der diesjährigen Wetterbedingungen kein schlechtes Ergebnis. Manche intensiv geführten Schläge bei unseren französischen Nachbarn zeigten geringere Erträge. Wenn man dazu die geringe Anzahl an Insektizidapplikationen berücksichtigt, die dieses Jahr notwendig war (eine Anwendung im Herbst gegen den Rapserdfloh, bzw. eine Anwendung im Frühjahr), so kann man von einem ökonomisch "günstigen Raps" sprechen.
Dr. Michael Eickermann (LIST)
Dr. Jürgen Junk (LIST)